Schon mehr als zehn Personen im Visier
Telekom-Affäre zieht weite Kreise
In der Causa Telekom Austria ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen rund ein Dutzend Personen. Betroffen sind der ehemalige Telekom-Vorstand, Spitzenpolitiker und Lobbyisten. Bis auf den Kronzeugen und früheren Telekom-Manager Gernot Schieszler weisen bisher alle Beschuldigten die Vorwürfe zurück.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 31.08.2011
Universaldienstverordnung bringt 10 Millionen
Einst Minister, jetzt ein Fall für den Staatsanwalt. Zahlreiche österreichische Ex-Politiker haben in diesen Tagen eine Vorladung beim Staatsanwalt in ihrem Terminkalender stehen: Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach hat eine erste Unterredung bereits absolviert, eine weitere soll folgen. Die Telekom soll an Gorbach und an das BZÖ insgesamt knapp 900.000 Euro gezahlt haben - als Dank für die Universaldienstverordnung, die der Telekom Mehreinnahmen von mehr als 10 Millionen Euro pro Jahr beschert haben soll. Gorbach ließ über seinen Anwalt dementieren, das BZÖ schloss ihn einen Tag nachdem die Vorwürfe bekannt wurden aus der Partei aus.
Änderung der Polizeifunk-Vergabe
Auch Ex-Innenminister Ernst Strasser muss vor dem Staatsanwaltschaft aussagen - ob als Zeuge oder als Beschuldigter, dazu hält sich die Staatsanwaltschaft derzeit bedeckt. Konkret geht es hier um die strittige Vergabe des Blaulicht-Funkprojektes, das Strasser an ein Konsortium um die Telekom vergeben hatte - zuvor soll die Telekom 3,7 Millionen Euro an den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly gezahlt haben. Strassers Anwalt Thomas Kralik sagt, es sei alles rechtskonform abgelaufen: es seien sicher keine Zahlungen geleistet worden, die keine Rechtsgrundlagen hatten und wo es nicht Rechnungen und Gegenleistungen gab.
Das muss die Staatsanwaltschaft nun prüfen. Auch Mensdorffs Anwalt Harald Schuster bestätigte zwar, dass Mensdorff von der Telekom 1,1 Millionen Euro erhalten hatte - mit der Vergabe des Funkprojektes habe dieses Honorar aber nichts zu tun gehabt, so Schuster. Auch Mensdorff-Pouilly wird vom Staatsanwalt befragt.
Ex-Telekom-Spitze im Visier
Die meisten Beschuldigten stammen aus dem ehemaligen Telekom-Management: Kronzeuge Gernot Schieszler darf zwar auf Strafmilderung hoffen, bis zum Ende des Verfahrens wird er aber weiterhin als ganz normaler Beschuldigter geführt.
Im Zentrum der Ermittlungen steht aber praktisch die gesamte ehemalige Spitze der Telekom: Ex-Telekom-Chef Heinz Sundt, dessen Nachfolger Boris Nemsic, die früheren Vorstände Rudolf Fischer und Stefano Colombo stehen auf der Liste des Staatsanwalts. Colombo - damals Finanzvorstand der Telekom streitet im heutigen Falter jegliche Verantwortung ab: sie haben mich hintergangen, sagt Colombo. Den Vorwurf des Kronzeugen Schieszler, Colombo selbst habe die Kursmanipulationen eingefädelt, kommentiert er aber nicht, nur so viel: sein Deutsch sei nicht perfekt. Wenn jemand auf wienerisch rede, verstehe er das einfach nicht. Und, so Colombo weiter: Ich bin ein prädestiniertes Opfer. Ich bin der Italiener.
Auch Lobbyist Peter Hochegger wird als Beschuldigter geführt. Und zwar wegen Beteiligung an Untreue, bestätigt die Staatsanwaltschaft Wien. Doch die Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang, der Kreis der Beschuldigten könne sich jedenfalls noch ausweiten.
Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.