Die Gewerkschaften drohen mit Streik

GB: Ein heißer Herbst steht bevor

Großbritannien hat die schweren Ausschreitungen in London im August längst noch nicht aufgearbeitet. Die Gewerkschaften drohen mit Streik, um die Pensionskürzungen abzuwehren. Die schlechten Wirtschaftsdaten vernichten jede Hoffnung auf bessere Zeiten. In London droht ein stürmischer Herbst.

Mittagsjournal, 17.9.2011

Fabio Polly aus London

2,5 Millionen ohne Arbeit

Die Zahlen sind ernüchternd. 80.000 Arbeitslose sind in den letzten drei Monaten in Großbritannien dazugekommen, mehr als 2,5 Millionen Menschen haben derzeit keinen Job, die Arbeitslosenrate beträgt 7,9 Prozent.

Allein im öffentlichen Dienst sind heuer 110.000 Jobs abhanden gekommen, und zwar nicht nur in der Verwaltung – es hat zum Beispiel auch die Lehrer getroffen. Die Inflation beträgt aktuell 4,5 Prozent, die realen Einkommen sind aber nur um 2,5 Prozent gewachsen.

Preise steigen

Im November werden die Preise für Gas und Strom steigen, Gas wird von manchen Anbietern um mehr als 15 Prozent verteuert. Ab nächstem Jahr wird die Benützung der Öffentlichen Verkehrsmittel - etwa in London, wo sie ohnehin schon extrem teuer sind - um sieben Prozent steigen.

Schlagabtausch

Kein Wunder also, dass die Wirtschaft und vor allem das drastische Sparprogramm der konservativ-liberalen Koalitionsregierung ein zentraler Punkt in der politischen Auseinandersetzung ist. Premierminister David Cameron und Labour-Partei-Chef Ed Miliband lieferten einander diese Woche im Parlament einen heftigen verbalen Schlagabtausch.

Miliband: "Zu wenige Jobs"

Das Sparprogramm der Regierung bringe gar nichts, griff Miliband den Premierminister an, die Einsparungen im öffentlichen Dienst führten nur zu höherer Arbeitslosigkeit, weil zu wenig neue Jobs in der Privatindustrie entstehen.

"Für zwei Jobs, die sie im öffentlichen Dienst einsparen, wird weniger als ein Arbeitsplatz in der Privatindustrie geschaffen. Zeigt das nicht, dass ihre Politik nicht funktioniert?", sagte Miliband.

Cameron: Sparkurs nötig

Premierminister Cameron wollte das nicht auf sich sitzen lassen, zitierte die Programme seiner Regierung, die Arbeitsplätze schaffen sollen, und will – auch wenn er die Arbeitslosenrate bedauert – am Sparkurs festhalten.

"Diese Regierung reduziert die Sozialausgaben und reformiert die öffentlichen Pensionen. Wenn wir das nicht jetzt machen, kommen viel tiefere Einschnitte im öffentlichen Dienst – und dann gibt es eine noch viel größere Arbeitslosigkeit. Das ist die Wahrheit", so Cameron.

Streiks wegen Pensionen drohen

Die Pensionen im öffentlichen Dienst werden ebenfalls noch heuer für heiße Diskussionen sorgen. Denn die großen Gewerkschaften haben diese Woche beschlossen, ihre Mitglieder über Streiks abstimmen zu lassen.

Seit langem verhandelt man mit der Regierung, die die Pensionszahlungen erhöhen, die Pensionen kürzen und die Menschen länger arbeiten lassen will. Die Regierung will jedenfalls hart bleiben, um das Defizit zu verringern, und erinnert ein bisschen an die Jahre von Premierministerin Margret Thatcher.

Clegg für Investitionen

Der Vorschlag von Nick Clegg, dem Juniorpartner der Koalition und Chef der Liberaldemokraten ist da ein wenig untergegangen:

"Wir müssen an unserem Sparkurs festhalten, aber es gibt noch Hebel die wir in Bewegung setzen können, um die Wirtschaft zu stimulieren", so Clegg. Was er meint: Die Infrastruktur ausbauen. Investitionen in Internet, Autobahnen, Straßen und Eisenbahn. Abgeschaut hat er sich das offenbar in Schottland. Dort ist die Arbeitslosenrate gerade gesunken, weil in Infrastrukturprogramme und in die mittelständische Wirtschaft investiert wurde.