Neue Regierung verringert Skepsis nicht

Kein Vertrauen in die Wende

Der Sozialist Giorgos Papandreou hat gestern Abend mit dem konservativen Oppositionsführer und früheren Studienfreund Antonis Samaras die Übergangsregierung auf die Beine gestellt, die jetzt die Beschlüsse der europäischen Union umsetzen soll. Der neue Regierungschef ist noch unbekannt. Die Griechen selbst stehen der Entwicklung skeptisch gegenüber.

Morgenjournal, 8.11.2011

Verena Gleitsmann hat in der Athener Innenstadt zu hören bekommen, was die Griechen über die politische Wende denken.

"Alle sind hoffnungslos"

Auf dem Syntagma Platz vor dem Parlament in Athen ist die Stimmung gedrückt. Die internationale Aufmerksamkeit, die Griechenland seit Tagen zuteilwird, können die Griechen an diesem Abend nicht nachvollziehen. Der Unmut und der Zorn auf die politische Führung hat sich durch die Ankündigung einer neuen Regierung nicht verändert: "Ich glaube nicht, dass diese Regierung oder jede andere anders wird als die davor. Denn unsere Regierung regiert uns nicht. Uns regieren die Troika und Deutschland", sagt eine Passantin. Ihre Freundin, die Deutschlehrerin Hera Diamantes, sieht das ähnlich. Verbessern werde sich durch den neuen Regierungschef nichts: "Auf jeden Fall nicht, und das ist nicht nur meine persönliche Meinung, alle Leute sind hoffnungslos, frustriert und empört."

"Alles Marionetten"

Vor allem aber haben quält die Griechen am Syntagma Platz das Gefühl der Fremdbestimmtheit. Die ständige Präsenz europäischer Kontrollorgane und der Troika macht die Griechen wütend und hilflos. Was in den kommenden Monaten passieren wird, stehe doch schon längst fest, sagt beispielsweise der Geschäftsmann Dimitris – Griechenland habe nichts mehr mitzureden: "Unsere Nation wird doch direkt von der gesamteuropäischen Regierung gelenkt. Die haben sich ausgesucht, wer unser nächster Premierminister wird. Euch wird es auch bald so gehen. Deswegen ist es auch egal, wer es wird. Papandreou oder jemand anderes: Sie sind alle Marionetten."

Zurück zur Drachme

Den Kampf um den Euro können viele auch nicht mehr nachvollziehen. Zwar wollen laut einer aktuellen Umfrage drei Viertel aller Griechen den Euro als ihre Währung behalten. Am Syntagma-Platz ist davon aber nicht viel zu spüren: "Ich wünschte, wir könnten die Drachme zurückhaben. Dann würden uns endlich alle in Frieden lassen", sagt eine Passantin. Auch für den Studenten Feris Pantapolos wäre das eine Lösung, zumindest müsse man dann nicht ständig neue Drohungen hören: "Vielleicht wird unser Lebensstandard dadurch schlechter, aber zumindest schulden wir anderen kein Geld mehr."

Lösung ohne Euro

Und auch Für Hera Diamantes ist- ein Ausstieg aus der Eurozone die logische Konsequenz der Krise: "Wir sind bankrott sowieso, mit Euro, und es wird immer schlimmer, weil unsere Schulden immer größer werden. Ich finde es sehr logisch und sehr rational, dass wir aus der EU raus müssen, also pleite. Wir wissen, was dann passiert, wir wissen, dass wir hungrig sein werden, aber vielleicht wird es so eine Lösung geben können, irgendwann."