Hausdurchsuchung "rechtswidrig"

Rückschlag bei Grasser-Ermittlungen

Der oberste Gerichtshof in Liechtenstein hat eine Hausdurchsuchung bei einem Wirtschaftsprüfer von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser als rechtswidrig erklärt. Für die österreichischen Ermittler heißt das, dass sie keine Einsicht in beschlagnahmte Unterlagen zur Causa Buwog bekommen. Die Staatsanwaltschaft startet jetzt einen zweiten Versuch.

Morgenjournal, 5.12.2011

Bernt Koschuh

Frist von elf Tagen nicht eingehalten

Die Staatsanwaltschaft Liechtenstein war einfach zu spät dran mit ihrer Hausdurchsuchung. Laut dem liechtensteinschen obersten Gerichtshof war sie rechtswidrig, weil der österreichische Antrag dafür befristet war und diese Frist schon elf Tage vor den Hausdurchsuchungen in Liechtenstein und der Schweiz abgelaufen sei.

Es habe aus Österreich auch keinen Antrag auf Fristverlängerung gegeben, heißt es sinngemäß im höchstgerichtlichen Urteil. Damit bleiben die bei einem Wirtschaftstreuhänder und Wirtschaftsprüfer beschlagnahmten und möglicherweise brisanten Verträge, Besprechungsprotokolle, Kalendereintragungen, Reiseunterlagen und Kontoeröffnungsunterlagen bei der Justiz in Liechtenstein.

Aufschlussreiche Unterlagen weiter uneinsehbar

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien hatte sich Informationen über Geschäftsbeziehungen zwischen Grassers Trauzeuge Walter Meischberger und der Karibik-Firma Mandarin erhofft, sowie über die mutmaßliche Grasser-Treuhandfirma Ferint und deren angebliche Hypo-Alpe-Adria-Geschäfte mit Grasser-Schwiegermutter Marina Giori-Lhota.

Sie hätten auch Aufschluss über die Meinl-Aktienkäufe in Millionenhöhe geben können, die Grasser getätigt haben soll. Oder über Verbindungen der mutmaßlich von Grasser genutzten Firma Mandarin mit einem angeblich russischen Geschäftspartner namens Igor G.

Staatsanwaltschaft: Zweites Ansuchen gestellt

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien hat von der Höchsgerichtsentscheidung erst durch Ö1 erfahren. Aber laut dem Sprecher der Staatsanwalt, Martin Ulrich, wurden schon davor Schritte gesetzt, um doch zu den beschlagnahmten Unterlagen zu kommen.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft habe aus diesem Grund sogleich ein zweites Rechtshilfeersuchen gestellt, so Ulrich. "Wir erwarten demnächst die Übermittlung der sichergestellten Unterlagen aus Liechtenstein."

Weitere Verzögerungen absehbar

Ein neuerlicher Rechtsstreit über mehrere Instanzen ist damit absehbar. Und allzu gute Karten dürfte die Staatsanwaltschaft dabei auch nicht haben: Denn neben der Fristversäumnis-Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gibt es bereits eine zweite Entscheidung des sogenannten Obergerichts in Liechtenstein.

Zweiter Stolperstein: Geheimhaltunspflicht

Demnach war die Hausdurchsuchung bei dem Wirtschaftstreuhänder Grassers aus einem zweiten Grund rechtswidrig, nämlich weil er als Wirtschaftsprüfer der Geheimhaltungspflicht unterliegt. Das ist zwar eine umstrittene Entscheidung, aber ob sich die Gerichte in Liechtenstein darüber hinwegsetzen und die Übermittlung der beschlagnahmten Unterlagen nach Österreich trotzdem beschließen, ist fraglich.