EU-Haushaltsregeln müssen glaubwürdiger werden

Van Rompuy für Pflicht zu Budgetdisziplin

EU-Ratspräsident Van Rompuy hat den EU-Staaten zwei Wege zu strikteren Regeln für einen stabilen Euro vorgeschlagen. Zum einen könnte vereinbart werden, im Rahmen bestehender Verträge eine Pflicht zu ausgeglichenen Haushalten verbindlicher als bisher im Stabilitätspakt zu verankern. Der zweite Weg entspricht weitgehend dem von Berlin und Paris verfolgten Plan einer Vertragsänderung.

Mittagsjournal, 07.12.2011

Aus Brüssel,

Am Donnerstag beginnt das Treffen der Regierungs- und Staatschefs der Europäischen Union in Brüssel. Da geht es um viel: Die Schuldenkrise zwingt zum Handeln und die Ankündigung der Rating-Agentur Standard&Poor‘s, die Euro-Staaten unter Beobachtung zu stellen, dürfte den Handlungswillen beschleunigen - vielleicht auch jene, die nicht bereit sind, den Reformvorschlägen von Nicolas Sarkozy und Angela Merkel zu folgen. Mit der Geschwindigkeit hat es die EU ohnehin nicht so eilig: die Vertragsänderungen, die jetzt als Vorschlag auf dem Tisch liegen, brauchen sehr viel Zeit - und so viel Zeit hat der Euro nicht, das machen die Rating-Agenturen deutlich. EU-Ratspräsident Herman van Rompuy scheint einen Plan in peto zu haben, der schneller als das Sarkozy-Merkel-Paket abgeschickt werden könnte.

Rompuy sucht Ausweg

Mehr als zwei Wochen lang hat das Brainstorming des EU-Ratspräsidenten Hermann van Rompuy mit Vertretern aller 27 EU-Staaten für den Donnerstagabend beginnenden EU-Gipfel gedauert. Das Resultat ist deutlich anders, als sich das Angela Merkel und Nicolas Sarkozy, die beiden Vorreiter für einen Umbau der EU wohl vorgestellt haben.

Für Deutschland und Frankreich muss eine Veränderung des EU-Vertrages oder vielleicht gar ein völlig neuer Vertrag zwischen 17 Eurostaaten Kern der Reform sein. Ein verschärfter Sparkurs in den Mitgliedsstaaten und mehr europäische Kontrolle über die nationalen Budgets sollen auf diese Weise durchgesetzt werden.

Widerstand gegen Vertragsänderungen

Doch gegen eine Veränderung des EU-Vertrages gibt es mehr Widerstand als erwartet. Irland ist dagegen, denn in Irland zwingende Volksabstimmung könnte das gesamte Projekt zum Scheitern bringen und die Zugehörigkeit der grünen Insel zum Euroraum in Frage stellen. Großbritannien will mehr Kompetenzen zurück nach London, wenn der Vertrag verändert wird. Für Österreich hat Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) deutliche Skepsis deponiert.

Zwingender Sparkurs mit Protokolländerung

Als Alternative zu einem derart komplizierten Umbau der EU, der auch lange dauern würde und von den Parlamenten ratifiziert werden müsste, stellt Herman van Rompuy die Möglichkeit in den Raum, einfach ein Protokoll im Reformvertrag, das sogenannte Protokoll 12, zu ändern. Dazu genügt ein einstimmiger Beschluss der Staats- und Regierungschefs um den gewünschten zwingenden Sparkurs durchzusetzen, Ratifizierung wäre keine erforderlich, heißt es in dem vertraulichen Fünf-Seitenpaper Rompuys, das dem ORF vorliegt. Eine Alternative zu einer Vertragsveränderung, die vor allem für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, nicht einfach zu akzeptieren wäre.

Euro-Schutzschirm nachhaltig verstärken

Ebenfalls in der Vorschlagsliste von Ratspräsident Hermann van Rompuy für den Gipfel: eine Schuldenbremse in der nationalen Gesetzgebung der 27 EU-Staaten. Eurobonds in der Endphase eines Prozesses der finanziellen Angleichung in Europa. Sowie: eine Erweiterung der Feuermauer gegen neue Attacken der Finanzmärkte über die bisher besprochene Grenze von 500 Milliarden Euro. Der gegenwärtige Euroschutzschirm ist ja ein Provisorium, das in den nächsten zwei Jahren durch einen permanenten Europäischen Stabilitätsmechanismus ersetzt werden sollte. Diskutiert wird jetzt die Idee, den provisorischen Schutzschirm weiter bestehen zu lassen und die Einrichtung des neuen Mechanismus auf Sommer 2012 vorzuziehen. Die Europäer würden dann über schwere Geschütze verfügen in den möglicherweise bevorstehenden finanziellen Turbulenzen, selbst ohne Hebelung und andere Tricks der Finanzalchemie. Durch eine Verschränkung der beiden Euro-Schutzschirme mit der Europäischen Zentralbank könnte daraus ein echter europäischer Währungsfonds werden mit nahezu 1.000 Milliarden Euro.

Lange Verhandlungsnächte stehen bevor

Die Staats- und Regierungschefs werden ja sowohl Krisenfeuerwehr für mögliche akute Probleme in den nächsten Tagen und Wochen spielen müssen, als auch langfristige Weichen für Europa zu stellen haben. Einigt man sich politisch auf den doppelten Euro-Schutzschirm, dann wäre das ein Signal an die Europäische Zentralbank, im Notfall ihre unbegrenzte Feuerkraft einzusetzen, auch bevor die Beschlüsse tatsächlich umgesetzt sind.

Die vom Ratspräsidenten Hermann van Rompuy zusammengefassten Vorschläge gehen zwar in die gleiche Richtung, wie die Ideen des deutsch-französischen Führungsduos, setzen aber andere Akzente. Die unvermeidliche Suche nach einem Kompromiss könnte zu langen Gipfelnächten führen.