Hohe Arbeitslosigkeit, schwache Wirtschaft
Zweifel an britischer Regierungsstrategie
Der britische Premier David Cameron ist mit beunruhigenden Wirtschaftsdaten konfrontiert: Die Arbeitslosigkeit ist so hoch wie seit 17 Jahren nicht mehr. Die Wirtschaft ist in den letzten Monaten kaum gewachsen und möglicherweise sogar geschrumpft. Was wächst, ist hingegen die Kritik am scharfen Sparkurs der konservativen Regierung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 21.1.2012
Trüber Ausblick auf das Jahr 2012
Die Wirtschaft im Vereinigten Königreich kommt einfach nicht in Schwung. Im Gegenteil, sie dürfte im vergangenen Quartal stagniert bzw. leicht geschrumpft sein, warnt das Office for Budget Responsibility (OBR), eine unabhängige Behörde, die der britischen Regierung wirtschaftliche Daten und Prognosen liefert. Diese Woche hat Premierminister David Cameron bereits neue beunruhigende Arbeitslosenzahlen auf den Tisch bekommen. 2,6 Millionen Menschen waren in den letzten vier Monaten 2011 ohne Job, so hoch war die Zahl seit 17 Jahren nicht mehr. Damals saß der glücklose konservative Premierminister John Major in der Downing Street Nummer 10. Cameron bleibt aber bei seinem Vorhaben, Stellen im öffentlichen Bereich zu streichen, Ausgaben zu kürzen und Steuern zu erhöhen, um das Staatsdefizit in den Griff zu bekommen. Nicht nur die Labour Opposition zweifelt mittlerweile an der Wachstumsstrategie der Regierung.
Keine Besserung in Sicht
Premierminister David Cameron hat, wie er sagt, einen Plan um den beinahe schon eingeschlafenen Wirtschaftsmotor wieder in Gang zu setzen. Die jüngsten Wirtschaftsdaten bringen aber noch mehr Sand ins Getriebe. Die Arbeitslosenquote ist auf einem neuen Rekordhoch, vor allem Jugendliche haben es schwer, eine Stelle zu finden. Nach Ansicht von Arbeitsmarktexperten John Philpott vom Institut für Personal und Entwicklung wird sich die Situation für Jobsuchende in diesem Jahr nicht bessern: "Der Arbeitsmarkt ist in Schwierigkeiten, im öffentlichen Bereich werden Stellen abgebaut, im Privatsektor warten die Unternehmer ab, sie entlassen zwar nicht viel mehr Personal stellen aber auch kaum neue Mitarbeiter ein."
Parlamentarische Scharmützel
In der wöchentlichen Fragestunde im Parlament macht Labour Oppositionschefs Ed Miliband den Premierminister für die miserablen Zahlen verantwortlich: "Die Haupteigenschaft dieser Regierung ist es, nichts zu tun, während tausende Menschen arbeitslos sind." Der Premierminister seinerseits unterstellt dem Labour Chef einen Schleuderkurs: Miliband befürworte die Kürzungen der Regierung am einen Tag und lehne sie am nächsten wieder ab. Er sei so inkompetent, er könne nicht einmal eine ordentliche Kehrtwende einlegen.
Warnung vor negativen Zahlen
Zum Lästern bleibt Cameron aber wenig Zeit: Nächste Woche werden ernüchternde Wachstumszahlen für das vergangene Quartal erwartet, die britische Wirtschaft dürfte geschrumpft sein anstatt zu wachsen. Schatzkanzler George Osborne hat die Zahlen noch nicht gesehen, bereitet die Briten aber auf das Schlimmste vor: "Die OBR, die unabhängige Behörde, die uns Wirtschaftsprognosen liefert, hat uns bereits gewarnt, dass die Zahlen negativ sein könnten. Sie prognostiziert aber keine Rezession. Man muss mir nicht sagen, dass die wirtschaftliche Lage für Großbritannien und die ganze Welt schwierig ist.“
"Wachstum schaffen!"
Was also tun? Iain Begg von der London School of Economics sagt, die Regierung müsse nicht nur einen Plan zur Konsolidierung des Budgets haben, sondern auch Wachstum schaffen: "Viele Organisationen, darunter die britische Industriellenvereinigung, fordern Investitionen in Infrastrukturprojekte und Wohnbau, damit die Wirtschaft wieder anläuft." Einen Rückfall in eine Rezession sieht Begg aber nicht, das Schlimmste bei den Ausgabenkürzungen sei schon vorbei: "Die Kürzungen sind eigentlich viel kleiner als der Schatzkanzler uns glauben machen möchte, das ist eine Strategie um die Märkte zu beruhigen, damit sie nicht die Zinsen für Staatsanleihen in die Höhe treiben." Wer ohne Job und Aussicht auf einen solchen dasteht, hat allerdings das Gefühl, es wird noch schlimmer, bevor es wieder aufwärts geht.