Faymann gegen "Aufpasser" für Griechen

Gipfel von Streik beeinträchtigt

Vor dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel machen sich vor allem die Sozialdemokraten stark dafür, dass neben Fiskalpakt und Schutzschirm das Wirtschaftswachstum angekurbelt wird. Zugleich steht Brüssel am Montag ganz im Zeichen eines Generalstreiks: Auch die Belgier protestieren gegen die Sparpolitik ihrer Regierung.

Mittagsjournal, 30.1.2012

Behinderungen für Gipfelteilnehmer

Der Streik in Belgien gegen das Sparpaket der Regierung hat Auswirkungen auf den EU-Gipfel in Brüssel. Die Delegation der amtierenden EU-Ratspräsidentin, der dänischen Premierministerin Helle Thorning-Schmidt, landete nicht wie gewohnt auf dem Flughafen Brüssel, sondern auf der Luftwaffenbasis Beauvechain. Der Streik gegen das Sparpaket der Regierung legt weite Teile des öffentlichen Lebens lahm. Mit ihrem ersten Generalstreik seit 1993 wollen die Gewerkschaften ihren Unmut über die geplante Anhebung des Pensionsalters deutlich machen. Die Maßnahme ist Teil des Sparprogramms der Regierung von Ministerpräsident Elio Di Rupo. Gerade über Maßnahmen für eine stärkere Budgetdisziplin in Europa wird auch beim EU-Gipfel beraten.

Faymann gegen Aufpasser für Griechen

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat sich unterdessen in Brüssel gegen einen "Aufpasser" zur Kontrolle Griechenlands bei der Umsetzung der Sparpolitik ausgesprochen. Faymann antwortete am Montag vor einem Treffen der europäischen Sozialdemokraten in Brüssel vor dem EU-Gipfel auf entsprechende Fragen in Hinblick auf einen deutschen Vorstoß zur stärkeren Kontrolle Griechenlands: "Mit so Ausdrücken wie Aufpasser fange ich eigentlich gar nichts an."

"Ich finde, Griechenland hat - das ist auch ganz klargestellt worden - harte Bedingungen zu erfüllen", erläuterte Faymann. "Es ist für die Griechen sicher nicht leicht. Die machen es sich auch nicht leicht. Das ist ein Prozess, der mehrere Jahre dauert, bis Griechenland wieder am Markt Geld bekommt. Bis dahin sind diese Bedingungen einzuhalten, aber beleidigen muss man niemanden in der Politik. Das bringt nichts und führt nur in die falsche Richtung."

Rettungsschirm aufstocken

Faymann bekräftigte auch seine in den vergangenen Tagen mehrmals vorgebrachte Forderung nach einer Aufstockung des Euro-Rettungsschirms. "Eine Feuermauer muss so hoch sein, dass sie wirkt. Was ist das für ein Brandschutz, wenn er nicht stark genug ist?" Der Bundeskanzler schloss nicht aus, dass sich der informelle EU-Gipfel am Montagnachmittag in Brüssel entgegen der offiziellen Tagesordnung doch auch mit der Lage Griechenland beschäftigt. Der Gipfel werde aber keine Verhandlungen mit Griechenland führen, sagte der Bundeskanzler. Die Verhandlungen der Privatgläubiger mit der griechischen Regierung über einen Schuldenschnitt müssten spätestens bis Mitte März abgeschlossen werden. "Aber das ist sicher kein Gipfel, der sich mit Griechenland prioritär beschäftigt, sondern bestenfalls einen Zwischenbericht zur Kenntnis nimmt."

Maßnahmen für Wachstum

Faymann betonte, im Zentrum des Gipfels stünden Beschäftigung, Jugendbeschäftigung und Wachstum. Die Bürger sollten merken, dass es nicht nur um Kürzungen, sondern auch um Maßnahmen zur Förderung von Wachstum gehe. Der Gipfel war angesetzt worden, um den neuen EU-Fiskalpakt mit strengeren Budgetregeln unter Dach und Fach zu bringen. Er sieht eine Verankerung von Schuldenbremsen und automatische Sanktionen bei einer Verletzung der Defizitobergrenzen vor (APA, Red.)