"Anfüttern" derzeit ausdrücklich erlaubt
Verbot nach Lobbying abgeschafft
Geschenke an Politiker, Einladungen zur Jagd, auf Urlaub oder in die Oper, mit der Hoffnung, dass diese Gefälligkeiten in Erinnerung bleiben, das klingt nach Bestechung. In Deutschland wird es auch meist so bewertet und ist damit verboten. In Österreich dagegen ist meist von "Anfüttern" die Rede und das ist ausdrücklich erlaubt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 23.2.2012
Begrüßt und bekämpft
Im Dezember 2007 hatte Österreich zur Umsetzung internationaler Standards ein Paket zur Korruptionsbekämpfung beschlossen. Danach war es verboten, Amtsträger mit Geschenken und Gefälligkeiten günstig zu stimmen, und sogar mit Haft bis zu drei Jahren bedroht. Gerade dieses "Anfütterungsverbot" wurde damals von Anti-Korruptionsexperten als wichtiger Schritt begrüßt.
Dann allerdings begann ein umfassendes Lobbying von Unternehmern, auch von Kulturveranstaltern, gegen diese Regelung, die als starke Einschränkung bisheriger Praktiken empfunden wurde.
Gegen die verschärften Korruptionsbestimmungen hatte etwa der oberösterreichischen Raiffeisen-Chef Ludwig Scharfinger mobil gemacht, ebenso wie Siemens-Chefin Brigitte Ederer oder Helga Rabl-Stadl von den Salzburger Festspielen. Der damalige Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Markus Beyrer, wandte sich sogar gegen die Wortwahl des "Anfütterns": Der Begriff suggeriere, so Beyrer, dass Normales nicht in Ordnung sei.
Wieder erlaubt
Und so haben die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP nach gut einem Jahr diese Anti-Korruptionsbestimmung wieder aufgehoben. Als Begründung wurden zum Beispiel angeführt, dass man nun zu Brauchtumsveranstaltung mit der Thermoskanne ausrücken müsse, um dort nicht Kaffee oder Wasser annehmen zu müssen.
Ernsthafte Probleme mit Wasser oder Kaffee gab es zwar auch beim Anfütterungsverbot nicht, aber seit der Aufhebung sind auch gleich wieder Einladungen zu teuren Essen, ins Hotel, auf die Jagd oder auch zu Theater-Festspielen erlaubt. Das alles darf ganz legal angenommen werden. Sofern sich nicht der Vorsatz beweisen lässt, als Gegenschäft eine pflichtwidrige Amtshandlung zu begehen oder wenn das Dienstrecht so eine Vorteilsannahme verbietet. Wobei Politiker gar kein Dienstrecht haben, und diese Einschränkung somit nicht gilt. Somit ist für Abgeordnete im Nationalrat oder in den Landtagen de facto nur der ganz direkte Stimmenkauf strafbar.
Freischein für Regierende
Nicht einmal das Einbringen eines Gesetzesentwurfes gegen Bezahlung ist verboten. Und für Minister und Landesräte, also generell für Mitglieder der Bundes- und Landesregierungen und für Bürgermeister ist die Vorteilsannahme de facto straffrei.