Schikanen gegen kritische Medien

Putin spielt auf der Medienorgel

Am 4. März wählt Russland einen neuen Präsidenten, und der Favorit Wladimir Putin hat alle Trümpfe in der Hand - die Macht als Regierungschef und den Einfluss auf die Massenmedien, die der Opposition keine Plattform geben. Unabhängige Medien werden schikaniert, im staatlichen Fernsehen ist Putin der 24-Stunden-Star.

Morgenjournal, 24.2.2012

Aus Moskau berichtet Carola Schneider

Morgenjournal, 24.2.2012

Aus Moskau berichtet Carola Schneider

Putin dominiert

Die Nachrichtensendungen in den durchwegs staatlich kontrollierten russischen Fernsehkanälen wurden Donnerstagabend von einem Thema dominiert: dem bisher größten Wahlkampfauftritt von Präsidentschaftskandidat Wladimir Putin. Ausführlich berichtete etwa der Nachrichtensender "Russland 24" darüber, wie Putin in einem Moskauer Sportstadion mehr als 100.000 Anhänger um sich scharte, die ihn in flammenden Wortmeldungen unterstützen. Weit weniger berichtet wurde hingegen über die anderen Präsidentschaftskandidaten, die den Vaterlands-Feiertag ebenfalls für Wahlkampfauftritte genutzt hatten.

Proteste kleingeredet

So widmete der "Erste Kanal" in seinen Abendnachrichten den drei Kandidaten Sjuganow von der Kommunistischen Partei, Schirinowski von den Ultranationalisten und dem Milliardär Prochorow insgesamt nur halb so viel Sendezeit wie allein Wladimir Putin. Ein Bild, das auf sämtlichen Fernsehkanälen ähnlich ausfällt, nicht nur, wenn über den Wahlkampf berichtet wird. Täglich zeigen die staatlich kontrollierten Sender, wie sich Putin in seiner Funktion als Regierungschef für sein Land unterwegs ist, während die Opposition wenig zu Wort kommt und die jüngsten Massenproteste von Regierungskritikern überhaupt kleingeredet werden.

Auch in den Zeitungen wird Putin viel Platz eingeräumt: In seitenlangen Artikeln veröffentlicht er dort sein politisches Programm. Andere Kandidaten erhalten diese Möglichkeit nicht in diesem Umfang.

"Gesetzeswidrig"

Politologen haben ausgerechnet, dass zwei Drittel der Berichterstattung rund um die Präsidentschaftswahl auf Putin entfallen. Für Andrej Busin von der unabhängigen Wahlbeobachtungsorganisation "Golos" verletzt dies die russische Verfassung: "Das Publikum sieht immer den gleichen Kandidaten, ob im Fernsehen oder in den Zeitungen. Wobei diese Auftritte häufig nicht aus Wahlkampfmitteln bezahlt werden, sondern aus dem Budget der Regierung. Das ist klar gesetzeswidrig."

Druck auf kritische Medien

Auch die Wahlbeobachter des Europarats warfen kürzlich den vom Kreml kontrollierten Medien eine unausgewogene Berichterstattung vor. Dieser gibt sich unbeeindruckt. Immer wieder sorgen in diesen Tagen Druckversuche auf unabhängige Medien für Schlagzeilen. Kürzlich wurde der Aufsichtsrat des kremlkritischen Radiosenders "Echo Moskaus" ausgewechselt, auf Wunsch des staatlichen Hauptaktionärs. Und der unabhängige Internet-Sender "Doschd", der ausführlich über die jüngsten Massenproteste gegen das Putin-Regime berichtete, ist ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten und muss seine Finanzen offenlegen - wegen des Verdachts, der Sender werde für seine Berichte aus dem Ausland bezahlt.