Dokumentation über den ehemaligen Oligarchen
Der Fall Chodorkowski
Bei den kommenden Wahlen wird Wladimir Putin wohl zum neuen alten russischen Präsidenten gewählt werden. Seit 1999 sitzt Putin als Ministerpräsident oder Präsident im Zentrum der russischen Macht - fast 13 Jahre, in denen immer wieder der Umgang mit Oppositionellen, Journalisten und Kreml-Kritikern für Diskussionen sorgte.
8. April 2017, 21:58
Einer der international meist kritisierten Fälle, war die Verhaftung des russischen Multimilliardärs Michail Chodorkowski. Seit 2003 sitzt der Kreml-Kritiker und einstige Chef des Ölimperiums Jukos wegen Steuerhinterziehung und Betrugs im Gefängnis. Nun kommt ein Dokumentarfilm in die heimischen Kinos, der diesen Fall beleuchtet: "Der Fall Chodorkowski".
Mittagsjournal, 28.02.2012
Wenn er einen ehrlichen Film machen wolle, so am besten keinen über Chodorkowski, so der Rat eines russischen Oppositionspolitikers an Regisseur Cyril Tuschi, der sich dem Fall von verschiedensten Seiten nähert. So erinnert sich etwa der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer an die Verhaftung Chodorkowkis 2003. Regisseur Tuschi trifft Familienangehörige und Studienkollegen, befragt ehemalige Manager aus dem Yukos-Imperium, russische Politiker und Oppositionelle. Viele von ihnen können oder wollen nichts sagen. Wären wir in einem anderen Land, würde er offener sprechen, so etwa ein ehemaliger Zellengenosse Chodorkowskis.
Ein Mann der Gegensätze
Chodorkowski war einst der reichste Mann unter 40, ein Vorzeigekapitalist, ehemaliger Vertrauter Putins, zugleich Kreml-Kritiker, Unterstützer der Opposition. Ein Mann der Gegensätze. Er habe im Film die verschiedenen Gesichter Chodorkowskis zeigen wollen, so der Berliner Regisseur Cyril Tuschi. Dabei habe sich eine Frage immer wieder aufgedrängt: Warum entzog sich Chodorkowski nicht der Verhaftung? War er doch kurz vorher gewarnt worden. Ein Spieler, der sich im Machtpoker mit Putin verkalkuliert hat? Am Ende kommt Chodorkowski selbst zu Wort. Ein kurzes Interview während eines neuerlichen Prozesses 2010 in Moskau.
Er sei zurückgekommen, im vollen Bewusstsein, verhaftet zu werden, so Chodorkowski. Er wollte im Land sein, um so für seine Position besser eintreten zu können. Er sei aber naiv gewesen, was das russische Rechtssystem betreffe.
Noch lange im Gefängnis
Immerhin könnte es sich hier um einen zukünftigen Spitzenpolitiker handeln. Zumindest, wenn es nach Vertretern der russischen Opposition geht. Doch noch sitzt Chodorkowski hinter Gittern, und daran wird sich so schnell wohl nichts ändern: 2010 wurde er in Moskau erneut wegen Geldwäsche und Unterschlagung verurteilt.
Am Ende des Films hat man dann viele mögliche Antworten zu den Hintergründen des Falls Chodorkowski, aber noch mehr Fragen. Cyril Tuschis Film ist der Versuch einer Annäherung. Eine Reise in die russische Oligarchie, mit Einblicken in ein Machtkarussell, das sich immer wieder auch um einen Namen dreht: jenen Wladimir Putins.