Diskussion über Lockerung bei EU-Gipfel
Fiskalpakt: Probleme schon vor Unterzeichnung
Beim EU-Gipfeltreffen in Brüssel wollen 25 der 27 Staats- und Regierungschefs den Fiskalpakt unterzeichnen, die Ausnahmen sind Großbritannien und Tschechien. Mit der Vertragsunterzeichnung verpflichten sich die EU-Länder, die Budgetvorgaben einzuhalten. Allerdings zeichnen sich schon erste Hürden ab.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 2.3.2012
Merkel zufrieden
Das Kernstück des Fiskalpakts ist die Schuldenbremse, die in allen Ländern möglichst im Verfassungsrang verankert werden soll. Damit soll die Staatsverschuldung nachhaltig reduziert werden. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, die Initiatorin des Fiskalpakts, ist zufrieden: "Das ist ein wichtiger Schritt, wir haben hier Handlungsfähigkeit gezeigt hin zu einer Stabilitätsunion der Europäischen Union. Und das ist ein qualitativ neuer Schritt, weil er auch mehr politische Union ermöglicht."
Demokratische Hürden
Die Unterzeichnerstaaten streben einen ausgeglichenen Haushalt an. Verschuldet sich ein Staat zu sehr, wird automatisch ein Defizitverfahren ausgelöst. Spätestens mit Beginn nächsten Jahres soll der Fiskalpakt in Kraft treten. Doch trotz Unterschrift ist der Pakt für mehr Haushaltsdisziplin noch lange nicht "in trockenen Tüchern". Denn die irische Regierung macht seine Umsetzung von der Zustimmung der irischen Bevölkerung abhängig. Wann das Referendum stattfinden soll, ist noch nicht bekannt.
Spanien und Niederlande verfehlen das Ziel
Und dieser Vertrag hat noch weitere Tücken. Denn ist er angesichts der schlechten Wirtschaftsdaten in der Union überhaupt die Tinte wert? Spanien etwa wird sein von der EU-Kommission vorgeschriebenes Defizitziel heuer verfehlen. Regierungschefs Mariano Rajoy ist es am ersten Gipfeltag nicht gelungen, die anderen Regierungschefs von einer Lockerung der Vorgaben zu überzeugen: "Das ist ein schwieriger Moment, aber unsere Regierung muss diese Reformen umsetzen, und wir müssen alles daran setzen, Arbeitsplätze zu schaffen."
Und auch die Niederlande - stets ein Verfechter von strikter Haushaltsdisziplin - werden wegen der schrumpfenden Wirtschaftskraft ein wesentlich höheres Defizit erreichen als erlaubt.
"Aufschieben sinnlos"
Dennoch wollen die Unionsländer die Zügel nicht lockern. Die Sparauflagen müssten ungesetzt werden, betont der finnische Regierungschef Jyrki Kattainen: "Wir haben gemeinsame Regeln, die für alle gelten und wir haben diese Regeln ja gerade erst verschärft. Es wäre also völlig falsch, ein höheres Defizit zu erlauben, und auch ein Aufschieben erachte ich als sinnlos." Verhandlungsbereitschaft hört sich anders an.
Schutzschirm: Merkel contra Faymann
Keine Verhandlungsbereitschaft hat auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bezüglich einer raschen Aufstockung permanenten Eurorettungsmechanismus gezeigt. Einige Regierungschefs, darunter auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) fordern dies ja. Faymann: "Wir sind so lange angreifbar und die Staatsanleihen werden zum Spielball der Spekulation, so lange wir nicht so wie die Vereinigten Staaten mit der Federal Reserve selber Instrumente haben, um Staatsanleihen im richtigen Moment kaufen zu können. Und daher bin ich überzeugt, dass dieser Schutzschirm ein Weg in die richtige Richtung ist und ich würde ihn halt gerne ein bisschen schneller bestreiten."
Der EU-Frühjahrsgipfel wird der Aufstockung des Eurorettungsmechanismus von 500 auf 750 Milliarden nicht zustimmen. Doch die Entscheidung ist nur aufgeschoben, sie dürfte Ende des Monats beim Treffen der Finanzminister fallen.
Kandidatenstatus für Serbien
Serbien hat beim EU-Gipfel in Brüssel am Abend nach hartem Tauziehen den offiziellen EU-Kandidatenstatus erhalten. Wann Belgrad konkrete Beitrittsverhandlungen mit der EU eröffnen kann, blieb aber offen. Rumänien hatte am Nachmittag seinen Widerstand gegen den Kandidatenstatus für Serbien aufgegeben. Zur Frage des von den Niederlanden blockierten Schengen-Beitritts von Rumänien und Bulgarien hieß es in einem Gipfelentwurf, dass der Rat der EU-Innenminister im September auf diese Frage zurückkommen wird.
Van Rompuy nun auch "Euro-Präsident"
Zum Auftakt des zweitägigen Gipfels war außerdem EU-Ratspräsident Van Rompuy für weitere zweieinhalb Jahre im Amt bestätigt worden. Zugleich wählten die EU-Staats- und Regierungschefs den 64-jährigen früheren belgischen Ministerpräsidenten zum ersten Euro-Präsidenten. In dieser Funktion soll Van Rompuy die Gipfeltreffen der 17 Länder der Eurozone leiten. Die Eurogruppen-Sitzungen der Finanzminister stehen weiter unter der Führung von Eurogruppen-Chef Juncker.