Kritik an Eingriff in Privatsphäre
Vorratsdatenspeicherung: Gläserner Mensch
Innen- und Justizministerium verteidigen die umstrittene Vorratsdatenspeicherung per 1. April. Alle Verbindungsdaten müssen sechs Monate lang gespeichert werden: wer mit wem telefoniert, wer welche Seiten im Internet anwählt. Im Verdachtsfall für die Polizei zugänglich. Datenschützer und Rechtsanwälte kritisieren, dass die Vorratsdatenspeicherung zu sehr in das Privatleben eingreift.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 27.3.2012
Erfasst beim Pizza-Bestellen
Die Polizei hat einen Telefonanschluss im Visier, weil sie glaubt, es handle sich um eine Geldwäschestelle, getarnt als Pizzadienst. Ruft jemand regelmäßig dort an und bestellt Pizza, gerät er in den Ermittlungskreislauf, kritisiert etwa Hans Zeger von der Arge Daten. Echte Täter würden so nicht erwischt - denn sie greifen auf andere Kommunikationsmethoden zurück.
Ministerium: Klarere Regeln
Friedrich König, Abteilungsleiter für Strafverfahrensrecht im Justizministerium, weist dies nun zurück. Erst in den letzten Wochen habe es wichtige Beispiele gegeben, wie wichtig es sein kann, auf solche Daten zurückzugreifen.
So werde in zahlreichen Strafverfahren von Drogenermittlungen über Kinderpornofälle auf Verbindungsdatenprotokolle zurückgegriffen. Künftig sei rechtlich klarer und konkreter geregelt, wie die Daten gespeichert werden müssen, argumentiert König.
Im Nachhinein informiert
Zugriff auf die Daten habe eine Strafverfolgungsbehörde nur dann, wenn es eine entsprechende staatsanwaltschaftliche Anordnung bzw. einen gerichtlichen Beschluss gebe.
Stellt sich der Verdacht als haltlos heraus, wird der Betroffene im Nachhinein informiert, sagt Verena Weiss, Leiterin der Abteilung für Rechtsangelegenheiten und Datenschutz im Innenministerium. Dann könne auch im Bedarfsfall Beschwerde erhoben werden.
Fehler können passieren
Rechtsanwälte und Datenschützer kritisieren allerdings, dass für den Einzelnen ein relativ hohes Risiko bestehe, in Ermittlungskreise zu geraten. Ausschließen, dass Fehler passieren, könne man nicht, sagt Friedrich König vom Justizministerium. Seiner Ansicht nach sei der Rechtschutz jedoch im Vergleich zu bisherigen Ermittlungspraxis deutlich höher.