Tipps vom Wirtschaftsprofessor

Finanzsteuer: Alternativen gesucht

Auf EU-Ebene scheint die Finanzstransaktionssteuer bereits abgesagt, doch die österreichische Bundesregierung hält weiter daran fest. Der Wiener Wirtschaftsprofessor Stefan Pichler findet die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wenig sinnvoll und nennt alternative Einnahmequellen für das österreichische Budget.

Morgenjournal, 28.3.2012

Frage der Definition

Nach Ansicht von Stefan Pichler, Finanzmarktexperte an der Wirtschaftsuniversität Wien, war die Finanzstransaktionssteuer von vornherein zum Scheitern verurteilt - und zwar wegen eines Definitionsproblems: "Grundsätzlich ist jede Überweisung von Geld von einem Ort zum andern eine Finanzztransaktion. Man müsste sehr genau für jede Geschäftsart sagen, was eine 'gute' oder 'böse' Transaktion wäre und welche man besteuern will. Aber genau diese Definition ist noch ausständig."

Kein Hindernis für Spekulation

Umstritten sind für Pichler auch etwaige Lenkungseffekte einer Finanztransaktionssteuer - wie eine Regulierung der Finanzmärkte. Dass eine Steuer Spekulation automatisch verhindert und Schwankungen an den Finanzmärkten reduziert, hält der Wirtschaftsprofessor für einen Trugschluss. Wenige große Transaktionen würden die Märkte stärker bewegen als viele kleine.

Umgehung programmiert

Und für Pichler gibt es noch einen Pferdefuß: Es sei nicht möglich, gleichzeitig Spekulation zu bekämpfen und Einnahmen zu lukrieren. Umgehungsversuche seien programmiert, denn man könne es Firmen nicht verbieten, irgendwo im Ausland Verträge abzuschließen, um sich dieser Steuer zu entziehen . "Die Finanzmärkte werden da sehr kreativ sein", so Pichler. Vor diesem Hintergrund warnt Pichler auch vor Alleingängen einzelner EU-Staaten in Sachen Finanzstransaktionssteuer. Hier sei die Gefahr besonders groß, dass Firmen abwandern und ihren Sitz in einen steuerschonenden Finanzplatz verlegen.

Eine Finanzstransaktionssteuer ist für Pichler also weder theoretisch sinnvoll noch praktisch umsetzbar. Auch von abgespeckten Alternativen, wie der Börsenumsatzsteuer, hält Pichler wenig.

Besser: Schlupflöcher schließen

Welche Vorschläge also hat der Wirtschaftsprofessor, um zusätzliche Einnahmen zu lukrieren und die Finanzmärkte zu regulieren? Pichler: "Wenn man schon Einnahmen generieren will und Steuergerechtigkeit im Auge hat, wäre es gescheit, Gewinne aus Transaktionen ordentlich zu besteuern und hier bestehende Schlupflöcher zu schließen."

Und eine Regulierung könne laut Pichler ohnedies nur über die handelnden Institutionen erfolgen - also über eine stärkere Regulierung der Banken und der Hedgefonds.