Skandal nicht mehr zu verheimlichen

Politkrimi in Peking: Entmachtung und Mord

Wenige Monate vor dem geplanten Machtwechsel kämpft Chinas Kommunistische Partei mit dem größten Skandal seit Jahrzehnten. Es geht um Macht, Geld und mittlerweile auch um Mord. Bo Xilai, einer der bekanntesten KP-Politiker Chinas, ist aus dem Politbüro geworfen worden. Gegen seine Frau wird wegen des Mordes an einem Briten ermittelt.

Morgenjournal, 11.4.2012

Aus Peking berichtet Jörg Winter.

Skandal auf den Titelseiten

Die Affäre rund um den einflussreichen KP-Funktionär Bo Xilai wird endgültig zum Politkrimi, dessen Drehbuch kaum spannender sein könnte. Wochenlang hatten die staatlichen Medien die Affäre totgeschwiegen. Wilde Gerüchte im Internet hatten zu einer neuen Zensurlawine geführt. Doch ließ sich der Skandal wohl nicht mehr weiter verheimlichen. Und so steht es heute den Titelseiten aller Zeitungen: Bo Xilai ist endgültig gestürzt, er wurde aus dem mächtigen Politbüro geworfen, seine Frau verhaftet. Sie steht jetzt unter Mordverdacht.

Spekulationen um Motiv

Im vergangenen November war ein britischer Geschäftsmann in einem Hotel in der Millionenmetropole Chongqing tot aufgefunden worden. "Es war Mord", schreibt jetzt die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Und Bo Xilais Ehefrau wird mit dem Mord in Verbindung gebracht. Möglicherweise wollte sie sich eines lästigen Geschäftskonkurrenten entledigen, wird spekuliert.

Kampf gegen Gerüchte

Vor wenigen Wochen galt Bo Xilai noch als Anwärter auf ein höchstes Parteiamt in Peking. Als Verbrechensbekämpfer und Hoffnungsträger der Altkommunisten hat sich der ehemalige Parteichef von Chongqing einen Namen gemacht. Jetzt läuft gegen in ein parteiinternes Verfahren wegen schwerer Disziplinarverstöße. Dass man Bo Xilai jetzt fallen lässt, soll Gerüchte zum Verstummen bringen, die Affäre hätte in höchsten Parteikreisen zu einem Machtkampf geführt zwischen Anhängern und Gegnern von Bo Xilai.

Gegenteil von Geschlossenheit

Doch ist längst eines klar: Der Sturz des populären Politikers ist der größte Skandal in Chinas KP seit vielen Jahren. Und er kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Im Herbst werden die wichtigsten Gremien in Partei und Staat neu besetzt, Chinas Führer wollen gerade jetzt Geschlossenheit demonstrieren. Doch haben der Riesenskandal und Spekulationen über Grabenkämpfe in höchsten Parteikreisen den Eindruck nur noch weiter verstärkt, dass vor dem geplanten Generationswechsel ein brutales Gerangel um Macht und Einfluss in Chinas KP voll im Gange ist.