Großbritannien verlangt Aufklärung

Politkrimi zieht immer weitere Kreise

Die Kommunistische Partei Chinas verspricht, den mysteriösen Tod eines britischen Geschäftsmannes schonungslos aufzuklären. Die Frau des höchstrangigen KP-Funktionärs Bo Xilei wird mit dem mutmaßlichen Mord in Verbindung gebracht, sie wurde mittlerweile verhaftet. Ihr Mann, der frühere Parteichef der Millionenmetropole Chongqing wurde aller Parteiämter enthoben.

Mittagsjournal, 18.4.2012

Aus Peking berichtet

Peking beruhigt London

Es ist der größte Skandal innerhalb Chinas KP seit Jahren. Es werden immer mehr Einzelheiten in dem Kriminalfall bekannt und der politische Skandal zieht längst auch diplomatische Kreise. Bei seinem Besuch in London bekommt Li Changchun, der mächtige Propaganda-Chef Chinas, vom britischen Premierminister persönlich zu hören, was sich Großbritannien erwartet – eine schonungslose Aufklärung der Todesumstände von Neil Heywood, jenem britischen Geschäftsmann, der im vergangenen November in einem Hotel in der chinesischen Millionenmetropole Chongqing tot aufgefunden wurde. Die Umstände würden gründlich untersucht, der Tod von Neil Heywood sei ein ernster Kriminalfall, der die Angehörigen eines Parteiführers betrifft, verkündet die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.

Im Hotelzimmer vergiftet

Fakten und Gerüchte lassen sich in dem spektakulärsten Parteiskandal seit Jahren kaum mehr unterscheiden. Die Frau von Bo Xilai, der vor wenigen Monaten noch für höchste Ämter in Peking gehandelt wurde, steht unter Mordverdacht. Sie soll hinter dem Tod des britischen Geschäftsmannes stehen, der laut unbestätigten Angaben in seinem Hotelzimmer vergiftet worden ist. Angeblich wollte die Frau des Parteiführers illegal Geld ins Ausland schaffen und bat den britischen Geschäftsmann dabei um Hilfe. Ein Streit über seinen Anteil an der Transaktion soll schließlich zum Mordkomplott geführt haben, wollen Informanten mit angeblich guten Kontakten zu den Ermittlern herausgefunden haben.

Intrige gegen Politiker?

Die Frau des ehemaligen Parteichefs von Chongqing wird verhört, sollte sie für schuldig befunden werden droht ihr die Todesstrafe. Ihr Mann Bo Xilai ist seit Wochen nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden. Er wird zwar nicht der Teilnahme an dem Mordkomplott beschuldigt, wohl aber schwerer disziplinärer Verstöße. Seit Wochen wollen Gerüchte nicht verstummen, wonach Bo Xilai manchen in Peking zu mächtig geworden ist und deshalb eine politische Intrige gegen ihn im Gange ist, um seinen politischen Aufstieg zu beenden.

KP dementiert Machtkampf

Ab kommenden Herbst werden die wichtigsten Ämter in Partei und Staat neu besetzt, das sei eine sensible Zeit in China, erklärt der Politologe Zhang Ming im ORF-Interview: "In China gibt es bei jedem Machtwechsel die Gefahr von Unruhe und Chaos. Der Skandal um Bo Xilai war schlecht für die Ruhe und den Zusammenhalt der KP", sagt der Politologe. Um Geschlossenheit zu demonstrieren, habe man jetzt erste Ergebnisse einer Ermittlung veröffentlicht. Was genau dahinter steckt werde man nicht erfahren, meint er. Und so sei eben so wenig zu erwarten, dass der Machtkampf in Chinas KP schon bald beendet sein könnte. Offiziell will von einem Machtkampf hinter den Kulissen niemand etwas wissen. Im Gegenteil: Der offene Umgang mit dem Skandal, so heißt es, zeuge von der hohen Verantwortung der KP gegenüber den chinesischen Bürgern.