Opposition ruft zu Boykott auf

Parlamentswahl in Syrien hat begonnen

Obwohl in Syrien die Gewalt anhält, hat eine von Präsident Baschar al-Assad angeordnete Parlamentswahl begonnen. Das Regime will offenbar den Anschein von Reformen erwecken. Um die 250 Parlamentssitze bewerben sich rund 7.200 Kandidaten aus 7 Parteien. Die Opposition hat zum Boykott aufgerufen.

Mittagsjournal, 7.5.2012

Parlament machtlos

Das syrische Regime bezeichnet die heutige Wahl als Meilenstein der politischen Reformen, die Opposition sieht darin nur Augenauswischerei. Fest steht, dass es zum ersten Mal in Syrien Mehrparteienwahlen gibt, möglich wurde das nach einer Volksabstimmung, mit der im Februar die Verfassung geändert wurde. Klar ist auch, dass Machthaber Assad diese Wahl will, um sich international mit einem demokratischen Anstrich versehen zu können.

Tatsächlich aber ist das Parlament ein machtloses politisches Gremium, das stets alle Wünsche des Präsidenten erfüllt. Die Hälfte aller Sitze ist von vorneherein für die Vertreter der Arbeiter und Bauern vorgesehen, deren Gewerkschaften von der Baath-Partei Assads kontrolliert werden.

Oppositionspolitiker im Gefängnis

Ein demokratischer Wandel, gar eine Abwahl Assads ist damit ausgeschlossen, der Präsident steht als Gewinner der Wahl von vorneherein fest. Die meisten Oppositionspolitiker sind ohnedies im Gefängnis oder im Exil, einen fairen Wahlkampf gab es - auch wegen des Bürgerkriegs - nicht, Manipulationen sind ebenfalls nicht auszuschließen.

Stimmabgabe unter anhaltender Gewalt

Darüber hinaus ist die Frage, ob annähernd demokratische Wahlen überhaupt durchführbar sind in einem Land, in dem an vielen Orten gekämpft wird. Viele Menschen trauen sich aus Angst um ihre Sicherheit kaum aus ihren Häusern, geschweige denn zu Wahllokalen. Ohne internationale Beobachter verkommt die Wahl gänzlich zu einem fragwürdigen Spektakel ohne echten Wert. Einziger Gradmesser ist vermutlich der Boykott-Aufruf der Opposition. Sie könnte es als Erfolg verbuchen, wenn die Wahlbeteiligung vor allem in ihren Hochburgen extrem gering ausfällt.