"In turbulenten Zeiten auf Werte-Fundament verlassen"

Spindeleggers zehn Gebote für die ÖVP

ÖVP-Chef Spindelegger hat in seiner "Österreich-Rede" in der Hofburg seiner Partei 10 Gebote vorgegeben. Ehrlichkeit und Anstand, Vertrauen und Respekt, Verantwortung, Tatkraft und Fleiß, Offenheit und Zusammenhalt sowie Freiheit. In turbulenten Zeiten sei es wichtig, sich auf "ein Fundament aus Werten" verlassen zu können, "die uns unsere Eltern gelehrt haben".

Mittagsjournal, 14.5.2012

"Dornröschen Walzer" als Einstimmung

Eingegeigt wurde Spindeleggers Auftritt im Großen Redoutensaal mit einer Balletteinlage zu den Klängen von Tschaikowskys "Dornröschen Walzer". Begleitet wurde der Vizekanzler bei seinem Einzug vom schwarzen Regierungsteam, den Landesparteiobleuten, den Chefs der VP-Teilorganisationen und Abgeordneten. Unter den 1.200 Gästen war auch der Apostolische Nuntius in Österreich, Peter Stephan Zurbriggen.

"Korruptionisten haben ÖVP in Krise gestürzt"

Spindelegger ging gleich zu Beginn seiner Rede unter dem Motto "Zukunft aus Tradition" auf die aktuelle Korruptionsdebatte ein. Österreich habe sich in den letzten Monaten hauptsächlich mit seiner "Vergangenheitsbewältigung" beschäftigt, "die mit dem Wert Ehrlichkeit nichts zu tun hat". Er könne die Vergangenheit nicht ändern, aber er wolle dafür sorgen, dass das in Zukunft nicht mehr passiere, so Spindelegger mit Verweis auf den Verhaltenskodex der ÖVP. Der VP-Chef sprach von einer "Krise, in die ein paar Korruptionisten" die Volkspartei gestürzt hätten.

Gegen Politclowns und Populisten

Die Menschen hätten das Vertrauen in die Politik verloren, und das sei der "Nährboden" für "Populisten" wie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und "Politclowns wie die Piraten", so Spindelegger weiter. Die Antwort auf diese Politikverdrossenheit sei mehr Mitbestimmung und mehr Demokratie, warb er für das Demokratiepaket seiner Partei.

Bekenntnis zu EU und Griechenland

Nicht gefehlt hat in Spindeleggers Ansprache das Bekenntnis zu EU und zur Unterstützung des krisengeschüttelten Griechenlands. Er verlangte aber gleichzeitig von den Griechen, ihre "Pflichten" für die Solidarität Europas zu erfüllen. Das sei schmerzlich, daran führe aber "kein Weg vorbei". Der Rettungsschirm sei, auch wenn er "unpopulär" sei, notwendig - ebenso wie die Schuldenbremse.

Europa als "Schicksalsgemeinschaft"

Europa brauche aber auch eine Wachstumsstrategie. Wachstum könne aber nicht durch das Anwerfen der Notenpressen oder durch neue Schulden erreicht werden. Das sei eine "ideologische Unterscheidbarkeit" zu anderen Parteien. Es brauche einen Mix aus Schuldenabbau und Investitionen. Europa sei jedenfalls mehr als nur der Euro und der Rettungsschirm, Europa sei eine "Schicksalsgemeinschaft".

Kritik an AMS: Arbeitslosigkeit oft nur "verwaltet"

Zur Ankurbelung der Wirtschaft schlug Spindelegger die Einrichtung eines Fonds für Jungunternehmer vor. Gespeist werden soll dieser aus den Dividenden der Unternehmensbeteiligungen des Bundes oder aus Privatisierungen. Der VP-Chef übte gleichzeitig Kritik am AMS. Dieses würde nicht immer so funktionieren, wie man sich das vorstelle. Dort werde Arbeitslosigkeit oft nur "verwaltet". Teure Kurse würden nicht weiterqualifizieren, sondern nur "die Zahlen kaschieren". Das müsse sich ändern, verlangte Spindelegger und schlug ein Anreiz-System für AMS-Berater vor.

Mittagsjournal, 14.5.2012

ÖVP-Stimmen zu Spindeleggers Rede

"Österreich-Rede" ist ÖVP-Tradition

Vizekanzler Michael Spindelegger knüpft mit seiner "Österreich-Rede" an eine lange gepflegte Tradition der ÖVP-Parteichefs an. Erfunden hat die "Rede zur Lage der Nation" schon der frühere Außenminister Alois Mock Anfang der 1980er Jahre, seit Wolfgang Schüssel haben sich alle ÖVP-Obmänner daran versucht. Die letzte große Grundsatzrede hat Spindeleggers unmittelbarer Vorgänger Josef Pröll 2009 gehalten. Der Politik daraus bis heute geblieben ist vor allem die Forderung nach dem Transferkonto, um dessen Umsetzung unter dem nun verwendeten Begriff der Transparenzdatenbank immer noch gerungen wird. (APA, Red.)

Abendjournal, 14.5.2012

Seitens der anderen Parteien gibt es überwiegend Kritik an der Rede des ÖVP-Obmannes, berichtet

Politologe: Eine Rede kann die ÖVP nicht retten

Mit einer Rede könne man die Situation der ÖVP nicht geradebiegen, sagt Politikberater Thomas Hofer. Allenfalls könnte das der Auftakt für eine größere Offensive sein, "das große Comeback der ÖVP zeichnet sich aber derzeit nicht ab, es droht eher ein strategisches Dilemma, denn SPÖ und FPÖ sind an der Spitze der Umfragen. Die ÖVP droht unterzugehen, wenn es nicht bald gelingt - etwa mit der Plakatkampagne - wieder deutlich nach oben zu wandern", sagt Hofer.

Mittagsjournal, 14.5.2012

Politikberater Thomas Hofer im Gespräch mit Andrea Maiwald