Geeignete Präsentationsplattform

Kunstschaffende auf facebook

Auch in der Kulturwelt wird mittlerweile geliked und gepostet, was das Facebook-Profil hergibt. Facebook ist mit seinen mittlerweile 900 Millionen Usern längst zu einer der zentralen Werbeplattformen für Veranstalter und Kultureinrichtungen geworden. Doch welche Rolle spielt Facebook für Kunstschaffende?

Mittagsjournal, 18.05.2012

Wenn Facebook dieser Tage quer durch die Medien zum Topthema gemacht wird, so würde man sich öfter jene ironische Distanz wünschen, mit der etwa der französische Filmemacher Olivier Assayas dem Social Network begegnet: Mit Facebook verbinde er einzig und allein David Finchers exzellenten Film.

Facebook ist vor allem Kommunikations-, Werbeplattform und Networking-Tool in einem. Und als solches wird es auch im Kunstkontext meist genutzt, denn wenn Künstler ihre Werke tatsächlich ins Netz laden, dann meist auf andere Plattformen - wie etwa Vimeo für Videos, Flickr für Fotos oder Soundcloud für Musik.

Die Files werden dann auf Facebook verlinkt und beworben. Viel genutzt wird das vor allem von jungen Künstlern. Facebook sei hier, mit der Möglichkeit öffentliche Künstlerprofile zu erstellen, eine gute Präsentationsplattform, wie der Kompositionsstudent Alexander Kaiser erklärt.

Selbstinszenierung mit Fotos

Als Kommunikations- und Werbeplattform nutzt auch Robert Misik Facebook, dessen Blog misik.at zu den meistgelesenen nichtkommerziellen Online-Formaten Österreichs gehört. Texte und Kommentare direkt auf Facebook zu veröffentlichen, komme für ihn hingegen nicht in Frage, sagt er.

Facebook ist also eine Kommunikationsplattform - aber lädt das Netzwerk die User gar zur künstlerischen Selbstbetätigung ein? Im Gofresh Verlag ist zuletzt das Buch "The Social Network Photography" erschienen, ein Bildband, in dem Profilfotos von Facebook-Mitgliedern aus aller Welt versammelt sind. Täglich werden Zigtausende selbstinszenierte Porträts hochgeladen, und infolge dann auch recht schnell ein künstlerisches oder kreatives Potenzial des Netzwerks heraufbeschworen.

"Befriedigender" Seelen-Striptease

Im neuen Profillayout, auf das demnächst alle User umgestellt werden sollen, räumt Facebook seinen Mitgliedern dann auch entsprechend viel Platz für diese Selbstinszenierung ein: So kann man etwa als Eyecatcher auf der eigenen Seite gleich mal ein großflächiges Foto hochladen, wo man eingeladen wird, diesen "weiten offenen Raum mit einem einzigartigen", repräsentativen "Bild zu füllen".

Dass das dann bei weitem nicht immer etwas mit Kunst zu tun haben muss, ist aber ebenso offensichtlich, wie die Tatsache, dass diese Selbstinszenierung nicht selten in einem Seelen-Striptease enden kann. Der soll dann aber - laut einer kürzlich veröffentlichten US-Studie - im wahrsten Sinne des Wortes befriedigend wirken: Demnach stimulieren Einträge in sozialen Netzwerken dieselben Hirnregionen wie Sex oder gutes Essen.

Textfassung: Ruth Halle

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