Al-Bunni: "Wir können keine Wunder vollbringen"
Syrien: Die gespaltene Opposition
Die syrische Opposition ist zerstritten und kämpft mindesten so sehr mit sich selbst, wie mit dem Regime in Damaskus. Das Land habe keine politische Tradition, man könne „keine Wunder vollbringen“, sagt Walid Al-Bunni, einer der prominentesten syrischen Regimegegner. Für die Lösung des Konflikts brauche es einen Militäreinsatz.
27. April 2017, 15:40
Morgenjournal, 8.6.2012
Karim El-Gawhary
"Politik war lange verboten"
Seit 15 Monaten tobt in Syrien der Aufstand gegen das Regime von Bashar al-Assad. Doch der Präsident sitzt immer noch fest im Sattel. Einer der Gründe, so sagen viele Beobachter, ist die Schwäche und Uneinigkeit der Opposition.
"Politik war in Syrien lange etwas Verbotenes. Heute können wir als Opposition nicht auf die Schnelle Wunder bewirken", sagt einer, der es wissen muss. Walid Al-Bunni zählt zu den prominentesten Köpfen der syrischen Opposition. Er verbrachte mehrere Jahre in syrischen Gefängnissen. Nachdem er wieder freikam, forderte er Reformen, und wurde wieder eingesperrt.
"Die Opposition verliert kostbare Zeit"
Nach seinem letzten Gefängnisaufenthalt verließ er das Land endgültig. Da hatte sich schon der Syrische Nationalrat, ein Oppositionsbündnis unterschiedlicher Gruppen, gebildet. Al-Bunni machte kurz mit, trat aber kurz danach wieder aus.
Er begründet dies so: "Der Nationalrat wird klar von Islamisten und Muslimbrüdern dominiert. Doch das spiegelt nicht das wahre Kräfteverhältnis in Syrien wider." Zudem scheitere vieles an den komplexen Entscheidungsstrukturen, kritisiert Al-Bunni.
"Alles muss im Konsens entschieden werden. Das ist ein Problem, weil es viel zu lange dauert, bis es ein Ergebnis gibt." Dadurch gehe kostbare Zeit verloren, die man in einer Opposition einfach nicht habe.
Zeit für Verhandlungen vorbei
Der Nationalrat müsse sich daher völlig neu aufstellen. "Er muss zu einer Art Schirmorganisation aller syrischen Oppositionsbündnisse werden." Darüber hinaus sollte eine Führung gewählt werden, die im Namen aller sprechen und rasch Entscheidungen herbeiführen kann, so der syrische Dissident.
Wie auch viele seiner Mitkämpfer glaubt Al-Bunni aber, dass die Zeit für diplomatische Verhandlungen bereits vorbei ist. Syrien werde einen teuren Preis für den Frieden zahlen. Aber Bashar al-Assad lasse weder den Syrern noch der Internationalen Gemeinschaft eine Wahl. "Es bleibt nur noch Kapitel 7 der UN-Charta. Und die bedeutet eine militärische, ausländische Intervention."