Warum Putin an Assad festhält

Russland hält das Pariser Syrientreffen für unnötig und verweist auf die internationale Syrien-Konferenz vom letzten Samstag in Genf. Die Haltung Moskaus hat strategische, aber auch innenpolitische Gründe.

Morgenjournal, 6.7.2012

Carola Schneider aus Moskau

"Übergangsregierung, Punkt."

Trotz aller Vermittlungsversuche des Westens: Von einem von außen erzwungenen Rücktritt von Syriens Präsident Assad will der russische Außenminister Sergej Lawrow nichts wissen. Und verweist auf die Syrienkonferenz von letztem Samstag in Genf: "Über ihr Schicksal und ihre Regierung entscheiden allein die Syrer selbst. Darauf haben wir in der Erklärung von Genf bestanden. Darin steht, dass Regierung und Opposition gemeinsam eine Übergangsregierung bilden. Punkt."

Putin befürchtet Instabilität

Dass der russische Präsident Putin so unnachgiebig an Assad festhalte, habe viele Gründe, sagt der russische Nahostexperte Georgi Mirski. Sympathie für Assad gehöre nicht dazu: "Putin liebt Assad nicht. Wenn er wüsste, dass sich nach dessen Abgang die Lage beruhigt, wäre er vielleicht dafür. Obwohl es ein harter Schlag wäre, Syrien als Partner und als Waffenkäufer zu verlieren. Vor allem aber befürchtet Russland, dass sich dann der Krieg von Syrien auf den ganzen Nahen Osten ausbreiten könnte."

Sorge um eigenen Ruf

Doch Putin habe auch innenpolitische Gründe, an Assad festzuhalten, sagt Nahost-Experte Grigori Mirski. So habe sich Putin im Libyen-Konflikt vom Westen missbraucht gefühlt. Russland hatte damals ein militärisches Eingreifen der Staatengemeinschaft nicht verhindert. Und gab sich dann völlig überrumpelt, als der Westen nicht nur, wie vereinbart, die Zivilbevölkerung schützte, sondern das Gaddafi-Regime stürzte. "Es geht Putin um seinen Ruf im eigenen Land", erklärt Nahostexperte Mirski. "Seine Popularität begründet darauf, dass er Russland wieder mächtig gemacht hat und sich vom Westen nichts diktieren lässt. Dieses Image will er nicht opfern." Dies umso weniger, so Mirski, als Assad den Krieg in Syrien noch längst nicht verloren habe.

Asyl in Russland?

Und wie schätzt Nahostexperte Mirski die Aufforderung des Westens ein, Russland möge Assad politisches Asyl gewähren? Solange dieser nicht abtreten wolle, könne Putin hier gar nichts ausrichten, so Mirski. Russlands Außenminister Lawrow unterdessen hat entsprechende Vorschläge schlichtweg als Scherz abgetan. "Die deutsche Kanzlerin Merkel hat Putin schon einmal gefragt, ob er nicht Assad Asyl anbieten könne. Wir haben das Witz aufgefasst und gesagt, nehmt ihr ihn doch, wenn er ausreisen will." Ob Scherz oder nicht, eine politische Lösung für den blutigen Konflikt in Syrien scheint weiter weg denn je.

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