Wehrpflichtfrage als Ablenkungs-Manöver

Der Ausgang einer Volksbefragung über das Bundesheer wäre derzeit kaum einzuschätzen, sagt der Politologe Peter Filzmaier im Ö1-Gespräch. Er erwartet jedenfalls auch nach der Befragung noch "mühevolle" Diskussionen über einen Gesetzestext. Insgesamt ortet der Politologe einen Ablenkungsversuch von Korruptionsvorwürfen und weiteren U-Ausschusssitzungen im Herbst.

Mittagsjournal, 28.8.2012

Politologe Peter Filzmaier im Gespräch mit Christian Williwald

Mehrheitsmeinung kaum einzuschätzen

Filzmaier wagt nicht, den Ausgang einer Volkbefragung über die Wehrpflicht einzuschätzen, würde sie jetzt abgehalten. Seinen Begründung: Die große Unbekannte bei einer Volksbefragung sei die Beteiligung. Und weil es eine solche bundesweite Volksbefragung noch nie gegeben habe, gebe es auch keine Vergleichswerte. Auf Länderebene sei eine Beteiligung von einem Viertel oder einem Drittel schon "sehr gut" gewesen. "Und wie die dann tatsächlich Hingehenden abstimmen, das weiß niemand.

Unterschiedliche Zielgruppen

Die SPÖ glaube jedenfalls zu wissen, dass eine klare Mehrheit der jungen Männer für die Abschaffung der Wehrpflicht wäre, sagt Filzmaier: "Das ist speziell im städtischen Bereich eine wichtige Zielgruppe, weil diese zu den Freiheitlichen abzuwandern drohen." Die ÖVP habe hingegen andere regionale Blickwinkel, vor allem Niederösterreich und die ältere Bevölkerung im ländlichen Raum, denn die sei dem Bundesheer mit dem Gedanken Katastrophenschutz und Neutralität und generell mehr verbunden. Fraglich sei aber, ob Leute im Alter 70 plus, die nicht mehr zum Heer müssen, motiviert sind, zu einer Volksbefragung zu gehen.

Noch mühevollen Diskussionen

Aus der Verpflichtung, das Ergebnis anzuerkennen, werde die Regierung kaum mehr herauskommen. Die Frage sei aber, was bei sehr geringer Beteiligung oder äußerst knappen Ausgang passiert. Da erwartet Filzmaier noch eine Reihe mühevoller Diskussionen, "vor allem deshalb, weil bei einer Volksbefragung noch kein fertiger Gesetzestext vorliegt." Der müsste von den Regierungsparteien verhandelt werden. Damit nicht eine der beiden Parteien dann als Verlierer dasteht, könne die Regierung nur auf den Faktor Zeit setzen. Es drohe ein Jahr Dauerwahlkampf, dem immerhin die angespannte Finanzlage der Parteien Grenzen setzt.

Ablenkung vom Korruptions-U-Auschuss

Die Volksbefragung bedeute einen doppelten Vorteil für die Regierungsparteien: Einerseits gebe es eine Stimmungslage mehrheitlich für direkte Demokratie, außerdem diskutieren die Regierungsparteien lieber über Wehrpflicht als über problematische Inseratenvergabe oder frühere Minister aus den eigenen Reihen, die sich nicht korrekt verhalten haben.

Service

Donau-Universität Homepage von Peter Filzmaier

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