Gespaltene Reaktionen auf Mursis Rede

Präsident Mohammed Mursi hat sich gestern Abend zum ersten Mal seit Beginn der blutigen Poteste in Ägypten öffentlich zu Wort gemeldet: Er unterstütze zwar das Recht auf Protest, für die Ausschreitungen sei aber die Opposition verantwortlich, sagte Mursi. In Ägypten sind die Reaktionen auf die Rede des Präsidenten gespalten.

Mittagsjournal, 7.12.2012

Katharina Wagner

Opposition enttäuscht

Es war eine Rede für das Herz und nicht für das Hirn, die der ägyptische Präsident Mohammed Mursi gestern gehalten hat, sagt der Politologe Baghat Korany von der American University in Kairo. Für die Mehrheit der ägyptischen Opposition aber ist klar: Mursis gestrige Rede war keine Antwort auf die politische Krise in Ägypten: "Die Mehrheit der Opposition findet, dass die Mursi bei seiner gestrigen Rede überhaupt keine Zugeständnisse gemacht hat. Er hat zwar alle möglichen Oppositionsgruppen morgen Mittag zu Gesprächen in den Präsidentenpalast eingeladen, aber auch das ist nicht neu."

Trotzdem: einige Ägypter konnten der Rede Mursis doch etwas abgewinnen, glaubt Baghat Korany: "Manchen Menschen hat gut gefallen, dass er in seiner Rede viel von Dialog gesprochen hat und davon wie wichtig es ist das Land zu retten."

Weitere Proteste geplant

Und Ägypten muss gerettet werden: wirtschaftlich herrscht Chaos im Land, der ägyptische Pfund verliert im Vergleich zu anderen Währungen immer mehr an wert und seit dem Beginn der Revolution in Ägypten gehen auch die Umsätze im Tourismus immer mehr zurück. Viele Ägypter haben genug von der Instabilität.

Ob die Einladung zum morgigen Dialog angenommen wird oder nicht, darüber sind sich die Oppositionsgruppen derzeit noch nicht einig: "Heute Nachmittag werden wieder Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz stattfinden und danach denke ich, dass die Opposition entscheiden wird, in welche Richtung sie gehen will. Aber die Opposition ist gespalten. Deswegen bin ich skeptisch ob diese Gespräche zwischen Mursi und der Opposition einen sinnvollen Ausgang haben erden. Wenn man so viele Leute zu Gesprächen einlädt, dann ist das eher wie ein Wettkampf, und nicht wie ein seriöses Gespräch der Beteiligten."

Obama drängt zu Dialog

Die Dialogbereitschaft des ägyptischen Präsidenten wird auch international begrüßt: In einem Telefonat mit Mohammed Mursi verurteilte US-Präsident Barack Obama gestern die Gewalt in Ägypten und rief führende Politiker aus allen Lagern dazu auf, sie sollten ihre Differenzen beiseite lassen und sich auf einen Weg einigen, der das Land vorwärts bringt.

"Die USA hat Einfluss auf Ägypten, nicht nur wegen der finanziellen Unterstützung für Ägypten, sondern auch weil sie Einfluss auf andere Institutionen haben. Wie zum Beispiel auf den internationalen Währungsfonds. Von dem braucht Ägypten dringen den geplanten 5 Milliarden Dollar Kredit."

An eine schnelle Lösung der politischen Krise in Ägypten glaubt Baghat Korany nicht: "Ich glaube, die Situation wird noch schlimmer werden, bevor sie besser wird."

Denn Ägypten ist ständig im Wandel, es gibt zu viele politische Akteure, die Regeln im Land verändern sich laufend genauso wie politische Allianzen, fasst der Politologe die Lage im Land zusammen.