Studie: Berufsheer steigert Wirtschaftsleistung

Vor der Volksbefragung über die Zukunft des Bundesheeres am 20.Jänner holt sich Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) jetzt Finanz-, Wirtschafts- und Wissenschaftshilfe: Nach einer Studie der Arbeitsmarktexpertin Gudrun Biffl würde das Bruttoinlandsprodukt leicht steigen, wenn die Wehrpflicht fällt.

Mittagsjournal, 3.1.2013

Wehrpflicht kostet 300 Millionen Euro

Die Arbeitsmarktexpertin Gudrun Biffl, ehemals beim Wirtschaftsforschungsinstitut, jetzt an der Donau-Universität Krems, beschäftigt sich seit Jahren mit den Wechselwirkungen zwischen Wehrsystem und Arbeitsmarkt. Im Auftrag des Verteidigungsministeriums hat sie nun eine Studie aus dem Jahr 2001 auf den neuesten Stand gebracht. Ihre Schlussfolgerungen sprechen damals wie heute allesamt für ein Berufsheer. Etwa die demographische Situation, weil die Zahl der jungen Männer sinke. Wenn diese statt der Wehrpflicht ihre Ausbildung fortsetzen oder einen zivilen Beruf ergreifen, sei das gut fürs Wirtschaftswachstum, das habe sich auch in anderen Ländern gezeigt, so Biffl: "Wenn man das alles zusammenfügt, im Schnitt der 21 OECD-Länder und dann noch eine Spezialrechnung für Österreich, kommt man zu dem Schluss, dass pro Jahr 0,25 Prozent des Wirtschaftswachstums verloren gehen durch eine Wehrpflicht. Das wäre in Österreich im Jahr 2011 etwas mehr als 300 Millionen Euro."

Wehrpflicht ist "Naturalsteuer"

Nicht nur für das Volkseinkommen sei die Wehrpflicht negativ, sondern auch für das Einkommen der betroffenen jungen Männer - und zwar über die kaum bezahlte Zeit des Grundwehrdienstes hinaus, erklärt die Arbeitsmarktexpertin. Ein internationaler Vergleich zeige, dass auch im späteren Leben diejenigen weniger verdienen, die zuvor Wehrdienst geleistet haben. "Eine Verpflichtung einer Kohorte von jungen Männern für sehr wenig Geld - 300 Euro im Monat - zu arbeiten, bedeutet im Grunde eine Besteuerung dieser jungen Männer. Ich nenne es eine Naturalsteuer." Und gleichzeitig bewirke die Wehrpflicht eine ungleiche Verteilung der Lasten, die die Bürger für den Staat tragen. Biffl: "Das ist ein ganz seltenes Instrument, nämlich eine regressive Besteuerung. Das heißt, es werden Menschen, die wenig Einkommen haben, nämlich die jungen Leute besteuert, und die Begünstigten sind dann die älteren Personengruppen. Daher ist es nicht überraschend, dass die älteren Personen eher dafür stimmen, dass die Wehrpflicht beibehalten wird, und die jungen das eher ablehnen."

"Enormer finanzieller Aufwand"

Für Verteidigungsminister Norbert Darabos untermauern die Aussagen der Arbeitsmarktexpertin seine eigene Forderung nach einem Berufsheer: "Die Wehrpflicht erzeugt beim Bundesheer einen enormen finanziellen Aufwand. Sie verursacht enorme Kosten für den einzelnen Betroffenen und auch für die Volkswirtschaft insgesamt. All diese Faktoren werden von den Befürwortern der Wehrpflicht sehr gerne ausgeblendet." Aussagen von Wehrpflicht-Befürwortern, wie etwa der Wehrdienst habe noch niemandem geschadet, nennt Darabos "zynisch".

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