Israel: Netanyahu trotz Einbußen bestätigt

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat mit seinem rechten Bündnis Likud-Beitenu bei der gestrigen Parlamentswahl erhebliche Verluste erlitten. Prognosen zufolge kann der 63-Jährige nur mit 31 Mandaten rechnen - elf weniger als die 42 Mandate, die beide Parteien bisher hatten. Dennoch dürfte er als Chef des stärksten Blocks erneut mit der Regierungsbildung beauftragt werden.

Benjamin Netanyahu

(c) EPA

Morgenjournal, 23.1.2013

Blitzstarter Lapid

Das Parteienbündnis um Netanyahu ist trotz der Verluste als stärkste Kraft hervorgegangen. Netanyahu dankte den Israelis am Dienstagabend für seine "Wiederwahl" und bekundete seine Absicht, ein möglichst breites Regierungsbündnis zu schmieden. Die Zentrumsliste Yesh Atid von Fernsehmoderator Yair Lapid belegte überraschend Platz zwei Die Lapid-Liste kam bei ihrer ersten Teilnahme an Parlamentswahlen den Angaben zufolge auf 18 oder 19 Sitze. Die Arbeiterpartei kann mit 17 anstatt zuvor 13 und die ultrarechte Partei Jüdisches Heim von Netanyahus früherem Stabschef Naftali Bennett mit zwölf Mandaten rechnen.

Die religiöse Shas-Partei, traditionelle Verbündete der Rechten, behauptete sich mit elf bis 13 Abgeordneten. Die neue Zentrumspartei Die Bewegung der früheren Außenministerin Tzipi Livni kommt auf sieben Sitze. Die linke Merez-Partei kann mit sieben oder sechs Sitzen rechnen, die ultra-orthodoxe Thora-Partei mit sechs Sitzen. Die Parteien der arabischen Minderheit kommen auf acht bis elf Mandate. Die Wahlbeteiligung lag den Angaben zufolge bei 66,6 Prozent und damit etwas höher als bei der Wahl 2009 (65,27 Prozent).

"Möglichst breite Regierung"

In einem Kommentar des Armeefunks hieß es, Netanyahu werde als künftiger Regierungschef keine andere Wahl haben, als der Zentrumsliste von Lapid die Leitung eines von drei Ministerien vorzuschlagen: Verteidigung, Äußeres oder Finanzen. Lapids Partei spricht sich für eine Senkung der Steuern für die Mittelklasse, die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den Palästinensern sowie eine Wehrpflicht für alle in Israel aus - bisher sind streng orthodoxe Juden und arabischstämmige Israelis ausgenommen.

In einem Anruf bei Lapid machte Netanyahu deutlich, dass er "eine möglichst breite Regierung bilden" wolle. Vor etwa hundert jubelnden Anhängern in Tel Aviv wiederholte er dieses Vorhaben. Als "erste Herausforderung", vor der die neue Regierung stehe, bezeichnete er das Vorhaben, "den Iran daran zu hindern, sich die Atomwaffe zu verschaffen".

Nur knappe rechte Mehrheit

Wie die künftige Koalition in Israel genau aussehen wird, dürfte sich erst nach den Verhandlungen zeigen. Der Block von Netanyahus Likud und Unser Haus Israel zusammen mit den verbündeten religiösen Parteien und dem Jüdischen Heim dürfte jedenfalls nur auf eine sehr knappe Mehrheit von 61 oder 62 Abgeordneten kommen.

Der 40-jährige Bennett hatte mit dem Jüdischen Heim im Wahlkampf erfolgreich rechts von Netanyahus Bündnis nach Wählerstimmen gefischt und den 63-jährigen Regierungschef zu einem weiteren Rechtsschwenk veranlasst. Bennett schließt die Anerkennung eines eigenen Palästinenserstaates kategorisch aus.

Auf Netanyahu warten in seiner kommenden Amtszeit große Herausforderungen. Zwar ist die Wirtschaft in vergleichsweise gutem Zustand, im vergangenen Jahr war jedoch das Haushaltsdefizit doppelt so hoch wie vorhergesagt, die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. International wird sich Netanyahu dem Druck der Staatengemeinschaft ausgesetzt sehen, den Dialog mit den Palästinensern wieder aufzunehmen. (Text: APA, Red.)

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