Ai Weiwei: Keine Hoffnung auf Reformen

In Peking tagt ab morgen der Volkskongress. Nach dem bereits im Herbst vollzogenen Generationswechsel in der Partei wird in den kommenden Tagen eine neue Staatsspitze samt Regierung bestimmt. Viele erwarten von der neuen Führung Reformen. Doch besonders in Chinas Dissidentenkreisen gibt man sich pessimistisch, so auch der im Ausland wohl bekannteste Dissident Chinas, der Künstler Ai Weiwei.

Mittagsjournal, 4.3.2013

"Keine Illusionen"

Der künftige Präsident und starke Mann Chinas, Xi Jinping, hat vage politische Reformen angekündigt. Doch damit meint er wohl Reformen im Parteiapparat und mehr Transparenz, aber keine demokratischen Reformen. Am Allmachtanspruch der KP will Xi Jinping nicht rütteln. Regimekritiker Ai Weiwei zeichnet ein düsteres Bild: "Nicht einmal Reformen an der Oberfläche sind möglich, nur wenn sich die Partei und ihr Wertesystem im Kern völlig ändern, würde es Reformen geben. Und das passiert nicht, machen wir uns da keine Illusionen."

Nur gegen kleine Fische

Wenig hält Ai Weiwei auch von der jüngsten Anti-Korruptionskampagne. Das System erlaube lediglich, dass kleine Fische zu Fall gebracht werden: "Unser System ist so geschaffen, dass einige wenige Familien, die an der Macht sind, sich alles unter den Nagel reißen können. Das ganze System ist unfair. Wenn jetzt groß über den Kampf gegen Korruption geredet wird, kann ich nur lachen."

Neben dem Kampf gegen Korruption haben Chinas neue Führer vor allem auch Wirtschafts- und Sozialreformen in Aussicht gestellt. Aners als wenn es um politische Freiheiten geht, stehen die Chancen auf Fortschritte hier nicht schlecht. Allerdings hat schon die jetzt abtretende Führungsriege wiederholt eine Verringerung der Einkommensschere zwischen Arm und Reich versprochen, nur um tatsächlich das Gegenteil zu erreichen.

Bei der Tagung des Volkskongresses, die bis 17. März dauert, wird nach dem Generationswechsel in der kommunistischen Führung im November auch die Regierung verjüngt. Nachfolger des scheidenden Regierungschefs Wen Jiabao (70) wird der 57-jährige Li Keqiang. Der neue Partei- und Militärchef Xi Jinping (59) wird auch das Präsidentenamt von seinem Vorgänger Hu Jintao (69) übernehmen.