Terkessidis: Integrieren, nicht ausgrenzen

Im Parlament in Wien wird heute in einem Festakt das "Gesellschaftsklimabündnis" begründet. Zu Gast ist der deutsche Migrationsforscher Mark Terkessidis, der mit seinem Buch "Interkultur" für Aufsehen gesorgt hat. Zur österreichischen Integrationspolitik fällt Terkessidis nicht viel Positives ein.

Mittagsjournal, 19.4.2013

Auf Vielfalt einstellen

Vorschläge aus der Mottenkiste - das verbindet Mark Terkessidis mit Integrationspolitik in Österreich. Seine nicht unumstrittene Forderung lautet: Die Institutionen eines Staates müssen sich auf die gesellschaftliche Vielfalt einstellen - und nicht umgekehrt. Und das werde vielleicht schon bald stattfinden müssen, so Terkessidis. Denn der Fachkräftemangel könne nicht mehr gedeckt werden, das Bildungssystem selektiere aber nach deren Herkunft.

Beispiel Schule: Kinder mit Deutsch-Schwierigkeiten in eigene Sonderklassen sei nicht nur stigmatisierend, sagt Terkessidis. Es sei auch seit Jahren schon bekannt, dass dieser "Herkunftsterror" nichts bringe.

Und wieder einmal nennt ein Migrationsforscher Kanada als Vorbild. Dort sei Englisch im Regelunterricht als Zweitsprache verankert. Lehrer im Sonderunterricht könnten in den Regelunterricht einbezogen werden. Damit seien moderne pädagogische Konzepte möglich.

Kritik an Staatsbürgerschaftsrecht

Also nicht die Menschen mit ihren angeblichen Defiziten reformieren sondern das große Ganze, sagt Terkessidis, der im geplanten neuen Staatsbürgerschaftsrecht ein besonderes Problem sieht. Nicht nur, dass es vom Einkommen abhängt, ob man Staatsbürger werden kann, sondern auch, dass man sich drei Jahre lang ehrenamtlich engagieren muss, um schneller eingebürgert zu werden. Zwang zum Ehrenamt, allein das sei schon absurd. Und dass dann die Aktivitäten in einem türkischen Verein nicht gezählt würden, das sei "wirklich zynisch".

Wovor fürchtet sich die Politik, wenn künftig mehr Menschen die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen? Antwort Terkessidis: "keine Ahnung".