NSA in Österreich: Verträge der Geheimdienste
Direkt am Eisernen Vorhang gelegen hatte Österreich im Kalten Krieg eine wichtige geopolitische Position, sagt der Grazer Historiker und Leiter des Zentrums für Geheimdienstforschung, Siegfried Beer. Er ist sich sicher, dass es Verträge zwischen den Geheimdiensten gegeben hat und nach wie vor gibt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 15.7.2013
Bewährte Kooperationen
Die Enthüllungen rund um den US-Nachrichtendienst NSA ziehen weite Kreise und auch über die Aktivitäten der NSA in Österreich werden immer mehr Details bekannt. Laut einem Bericht in der Tageszeitung "Die Presse" soll es einen Vertrag zwischen der NSA und dem Heeresnachrichtenamt des Bundesheeres geben. Der Vertrag soll seit dem kalten Krieg bestehen und nach den Anschlägen von 9/11 vom damaligen Verteidigungsminister Günter Platter (ÖVP) erneuert worden sein. Dass es im Kalten Krieg eine Zusammenarbeit zwischen Österreich und den USA gegeben hat, bestätigt auch der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Michael Bauer. Und hier endet seine Auskunftsbereitschaft auch schon. Denn einen Vertrag zwischen den USA und Österreich könne er nicht bestätigen, so Bauer.
Vertrag "erneuert und verbessert"
Direkt am Eisernen Vorhang gelegen habe Österreich im kalten Krieg eine wichtige geopolitische Position gehabt, sagt der Grazer Historiker und Leiter des Zentrums für Geheimdienstforschung, Siegfried Beer. Und es sei auch bekannt, dass die Österreicher Abhörstationen bedient und Informationen an die Amerikaner weitergegeben hätten. Beer ist sich sicher, dass es Verträge zwischen den Geheimdiensten gegeben hat und nach wie vor gibt. Und es mache auch Sinn, dass diese Verträge nach 9/11 erneuert und verbessert wurden. Diese Sicherheit angesichts Terrorismus und internationaler organisierter Kriminalität würden nur die Amerikaner und vielleicht auch noch die Briten und die Franzosen anbieten. "Ergo machen wir das", so Beer.
Neutral oder sicher?
Die Zusammenarbeit zwischen Österreich und den USA sei historisch gewachsen. Auch nach dem Kalten Krieg habe Österreich nützliche Informationen geliefert, und zwar in den 90er-Jahren über den Balkan im Jugoslawien-Krieg. "Da haben wir uns bewiesen, daher vertrauen uns die Amerikaner. So einfach ist das: Give and take." Die Amerikaner wüssten, dass sie nicht alles leisten könnten, daher machten sie derartige Kooperationen, auch mit den kleinen wie Österreich." Was die Neutralität betrifft, gelte es da abzuwägen: "Wollen Sie neutral sein oder wollen Sie sicher sein?", so Beer. Jeder Österreich müsse sich fragen, ob ihm Datenschutz und Freiheit wichtiger wären als die Sicherheit.
"Unerträgliche Scheinheiligkeit"
Die Enthüllungen von Aufdecker Edward Snowden werden an den gängigen Arbeitsweisen der Geheimdienste nichts Wesentliches ändern, ist Beer überzeugt. Man werde höchstens über manches offener reden, aber an der Realität werde sich nichts ändern. "Weil sich das alles an international relevanten Sicherheitsfragen orientiert." Davon profitiere Österreich genauso wie andere europäische Länder, so Beer. Die Reaktionen auch mancher Politiker auf die NSA- Enthüllungen kann der Historiker nicht nachvollziehen: "Das ist eine eigenartige Situation, wo man sich bedienen lässt, Nutzen zieht und sich nebenbei empört. Das ist eine Scheinheiligkeit der österreichischen oder auch europäischen Regierungen, die ich für unerträglich halte." Die Politiker sollten den Mut haben, zu sagen, dass die Arbeit der Geheimdienste für erhöhte Sicherheit sorgt. Dabei handle es sich um nichts Verwerfliches, sondern um Realpolitik.