Greenpeace: Anklage in Murmansk

Die Hoffnungen, dass Russland jene Greenpeace-Aktivisten, die vor zwei Wochen gegen Ölbohrungen im arktischen Meer protestiert haben, ohne härtere Strafe davonkommen läßt, scheinen sich zu zerschlagen. Die 30 Aktivisten sitzen seit vergangener Woche in U-Haft. Heute entscheidet ein Gericht in der Hafenstadt Murmansk über eine mögliche Anklage. Und für inzwischen 5 der Umweltschützer steht inzwischen fest: sie werden wegen Piraterie angeklagt. Darauf stehen bis 15 Jahre Haft.

Mittagsjournal, 2.10.2013

Kein Rückhalt bei Putin

Greenpeace zeigt sich schockiert. Für Kumi Naidoo, den Generaldirektor der Umweltorganisation, sind die heute erhobenen Anklagen gegen die Aktivisten die schwerste Bedrohung des friedlichen Umweltprotests seit der Versenkung eines Greenpeace-Schiffs durch französische Agenten vor fast 30 Jahren. Dabei hatte es vor wenigen Tagen noch Hoffnungen gegeben, dass die Staatsanwaltschaft doch nicht allzu hart gegen die 30 in U-Haft sitzenden Umweltschützer vorgehen wird.

Es ist offensichtlich, dass sie natürlich keine Piraten sind, hatte Russlands Präsident Putin erklärt. Um dann aber durch Vergleiche mit Terroristen gleich auch klarzumachen, dass er Aktionen wie das Hinaufklettern auf die russische Ölbohrinsel nicht für einen Lausbubenstreich hält. Nun lautet die Anklage also doch auf „Piraterie, verübt als Mitglied einer organsierten Gruppe“ – und das ist in Russland ein Delikt, auf das zwischen 10 und 15 Jahren Haftstrafe steht. Gegen einen Briten, eine Brasilianerin, einen Finnen, einen Schweden und einen Russen ist die Anklage in den vergangenen Stunden bereits formal erhoben worden, doch allgemein wird erwartet, dass auch den anderen 25 Aktivisten ähnliches droht. Das Gericht, das über die Anklage entscheidet, macht jedenfalls keinen Unterschied zwischen Umwelt-Aktivisten und anderen Personen, die auf dem Greenpeace-Schiff waren – unter den Angeklagten ist etwa auch ein Kameramann. Ganz sieht es so aus, als wolle Russland hier ein Exempel statuieren. Immerhin, die Bohrinsel, auf der die Aktivisten ihr Transparent hissen wollten, ist die erste Russlands im arktischen Meer. Für Moskau hat die Erschließung der arktischen Ölfelder derzeit aber höchste Priorität.