Frankreichs Bonität weiter abgestuft
Die US-Ratingagentur Standard & Poor's hat Frankreichs Bonität erneut herabgestuft - und damit die bisherige Reformpolitik der Regierung relativ kritisch beurteilt. Ein weiterer Rückschlag für Frankreichs sozialistische Regierung und Präsident Hollande - nach Protesten gegen eine Ökomaut, Massenentlassungen und einer Lawine von Sozialplänen und angekündigten Betriebsschließungen im ganzen Land.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 8.11.2013
Regierungschef gelassen
Von AA+ auf ein doppeltes AA haben die Kreditwächter aus den USA die Bonität der zweitgrößten Volkswirtschaft in der Eurozone herab gestuft, gut zwanzig Monate nachdem Frankreich bereits sein Tripple A verloren hatte. Zur Begründung heißt es, man glaube, dass die Reformen der französischen Regierung bei Steuern, Arbeitsmarkt und auf den Märkten für Güter und Dienstleistungen die mittelfristigen Wachstumsaussichten nicht verbessern, vor allem aber schwäche die hohe Arbeitslosigkeit von rund 11 Prozent den Willen zu signifikante Reformen ab.
Regierungschef Ayrault reagierte umgehend und relativ gelassen: Frankreichs Note bleibt eine der besten in der Welt und die Agentur spricht von Perspektiven, andere Länder haben negative, Frankreich nicht. Und man braucht sich nur das Vertrauen in unsere Unterschrift anschauen. Wäre die Situation so schlecht, dann müssten wir, wenn wir tagtäglich an den Märkten Geld aufnehmen, extrem hohe Zinssätze zahlen, Frankreich leiht sich aber Geld zu Sätzen, die noch nie so niedrig waren.
Etwas verstimmter klang schon Wirtschaftsminister Moscovici, der der Agentur u.a. vorwarf, die eingeleiteten Reformen nicht genügend berücksichtigt zu haben: Ich finde, dass die Urteile, die über unsere Reformen gefällt werden, nicht exakt sind und übertrieben kritisch.
Einziger Trost für Frankreich: ein weitere Herabstufung dürfte so schnell nicht drohen, denn den Ausblick für Frankreichs Wirtschaft hat Standard and Poor's von zuvor negativ auf stabil angehoben.
Doch die Sorgen, vor allem um den französischen Industriesektor, der nicht mal mehr 15% des Reichtums produziert, bleiben, ja werden stärker: im September ist die Industrieproduktion unerwartet um 0,5% eingebrochen, laut Experten drohen in den nächsten Wochen Fabrikschließungen und Massenentlassungen, die weitere 50 000 Menschen auf die Straße setzen könnten – allein beim Elektrogerätehersteller Fagobrandt sind 2 000 Arbeitsplätze bedroht, 700 in Nordfrankreich beim Versandhauskonzern Redoute. Und die Wut der Bretonen gegen gigantische Einbrüche in der Lebensmittelindustrie und die LKW-Maut auf Bundesstraßen nimmt kein Ende – über ein Dutzend automatische Mautanlagen im Wert von mehreren Millionen wurden bereits zerstört, die Zentralregierung in Paris vermittelt seit Tagen ein Bild der Macht- und Hilflosigkeit.