Atomstreit-Deal: Der Iran braucht Geld
Die Erwartungen nach dem "historischen" Deal im Iran-Atomstreit am Wochenende in Genf sind mindestens genauso hoch wie davor: Die Iraner hoffen auf einen Wirtschaftsaufschwung, der Westen auf die endgültige Beilegung des Atom-Konflikts und die iranischen Nachbarstaaten im Nahen Osten befürchten, dass mit dem Abkommen ein Wandel im Machtgefüge der Region beginnt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 27.11.2013
Iran braucht Geld
Die Erleichterung in der iranischen Bevölkerung war groß, nach der vorläufigen Einigung zwischen dem Iran und dem Westen. "Wir sind sehr optimistisch, dass unser Leben nach den Verhandlungen wieder besser wird. Es ist wirklich gut, dass wir nach zehn Jahren wieder Beziehungen zu anderen Ländern haben", sagt ein junger Mann in Teheran, und ein Ladenbesitzer in der iranischen Hauptstadt meint: "Die Sanktionen waren sehr effektiv, vor allem in den letzten Monaten. Auch wenn sie gelockert werden, müssen wir erst sehen, wie sehr uns das beeinflusst."
Die Wirtschaftssanktionen seien es in allererster Linie gewesen, die den Iran zu dem Abkommen gebracht haben, sagt Ali Ansari von der britischen St. Andrews University: "Die iranischen Politiker haben die Dringlichkeit des Problems verstanden. Der Iran muss Geld in die Wirtschaft pumpen, das darf man auf keinen Fall unterschätzen. Die iranischen Politiker waren deshalb während der Verhandlungen besser abgestimmt als zum Beispiel die USA.
Auch von Ajatolla Chamenei kam nach dem Abschluss der Verhandlungen Anerkennung für Rohani, wenn auch nur gedämpft: "Der Brief, den Chamenei an Rohani geschrieben hat, hatte mehr Zwischentöne als Leute es hören wollten. Aber die Botschaft ist: Wenn im Abkommen das steht, was du sagt, dann hast du einen guten Job gemacht."
Umsetzung noch unklar
Trotzdem ist auch heute noch nicht klar, was genau in dem Abkommen zwischen dem Iran und dem Westen steht, sagt Ali Ansari: "Im ersten Schritt wurde eine Formulierung erreicht, der jeder etwas abgewinnen kann, aber in der Umsetzung müssen die Punkte klarer sein. Jetzt wo die Diplomaten ihre Arbeit getan haben, müssen die Anwälte ihre tun. Und das sind zwei verschiedene Dinge."
Der Interpretationsspielraum des Abkommens ist groß. Beispielsweise sprechen die USA davon, dass der Iran kein Uran mehr anreichernd darf. Der iranische Präsident Hassan Rouhani sagte gestern im Zuge eines Fernsehinterviews das genaue Gegenteil: "Wir reichern heute Uran an, werden es morgen tun und niemals damit aufhören, das ist unsere rote Linie."
Folgen für Machtgefüge offen
Was die Kontrollen in iranischen Atomanlagen in den kommenden sechs Monaten angeht, ist Ansari dennoch optimistisch: "Ich glaube, die Iraner werden zugänglicher sein, als man das erwartet, die Erwartungen sind ja so niedrig.. aber wie gesagt, es sind noch so viele Fragen offen. Eine offene Frage für Staaten wie Israel oder Saudi Arabien ist, wie sich durch diesen Deal zwischen dem Iran und dem Westen das Machtgefüge im Nahen Osten ändern könnte. Die Regionalmächte sind meiner Meinung nach überangstlich ... und man muss es auch so sehen: Je mehr Israel bei einer Annäherung mit dem Iran aufschreit, desto besser kann Rohani diese in seinem Land verkaufen."
Wie die weiteren Verhandlungen mit dem Iran ablaufen werden, hängt laut Ali Ansari aber eben nicht von der politischen, sondern von der wirtschaftlichen Lage ab. Denn nur wenn diese schlecht ist, sieht es gut aus für eine Lösung im Atomstreit.