Schwenk bei U-Ausschüssen: Opposition empört
Vor Jahren schon haben SPÖ und ÖVP versprochen, dass die Minderheit der Opposition auch gegen die Mehrheit der Regierung einen Untersuchungsausschuss im Parlament beschließen kann. Jetzt sind SPÖ und ÖVP aber wieder äußerst skeptisch, ob sie so ein Minderheitsrecht tatsächlich zulassen wollen. Die Opposition reagiert empört.
8. April 2017, 21:58
(c) Hummel, ORF
Mittagsjournal, 28.11.2013
Beide skeptisch
Es war einer der wenigen Punkte, in dem sich die Koalitionsverhandler Andreas Schieder (SPÖ) und Reinhold Lopatka (ÖVP) in der Ö1-Sendung "Klartext" gestern Abend einig waren: in ihrer Skepsis gegenüber einem Minderheitsrecht auf das Einsetzen eines Untersuchungsausschusses. Lopatka sagte zu den Forderungen der Opposition danach: "Wir haben schon sehr viele Minderheitenrechte. Ich wehre mich dagegen, dass diese Bundesregierung und deren Vorgänger nicht minderheitenfreundlich waren. Was diesen Punkt anbelangt: Glauben Sie mir, wenn der erledigt ist, kommt die Opposition mit einem neuen."
Und Andreas Schieder: "Es ist bekannt, dass die SPÖ skeptisch ist gegenüber Modellen, die nicht garantieren, dass dem Sinn eines Untersuchungsausschusses, nämlich die politische Verantwortung zu klären in einem fairen und vernünftigen Verfahren, Rechnung getragen wird."
"Schwerst irritiert"
Dabei hatten Rot und Schwarz sich in der vergangenen Legislaturperiode zur Reform der Untersuchungsausschüsse bekannt. Die Opposition drängt weiter darauf, dass das Parlament auch gegen den Willen der Regierungsparteien untersuchen darf, und diese auch nicht wie bisher Untersuchungsausschüsse jederzeit beenden können. Eva Glawischnig von den Grünen sagt, sie sei "schwerst irritiert über diesen Schwenk". Die ÖVP habe diese Forderung noch im Wahlkampfprogramm gehabt. Das stehe auch im Gegensatz zu dem, was ÖVP-Chef Spindelegger ihr gegenüber angekündigt habe, nämlich Offenheit und Bereitschaft, dieses Thema abzuschließen.
"Glatter Wortbruch"
Der dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) verweist auf die bisherigen Versprechen von SPÖ und ÖVP und bezeichnet es als "enttäuschend", dass diese Zusagen nicht gehalten werden. "Für uns ist das auch eine Lehre, was Verfassungsmehrheiten in Zukunft anbelangt."
Auch Matthias Strolz von den NEOS verweist auf gegebene Zusagen und wirft SPÖ und ÖVP "glatten Wortbruch" vor. "Die wollen keine Kontrolle. Das ist das Gegenteil von neuer Stil. Das ist ganz altbacken."
Unzufrieden mit SPÖ und ÖVP zeigt sich auch Kathrin Nachbaur vom Team Stronach. Schließlich sei es "demokratiepolitisches Grundverständnis, dass die Minderheit das Recht hat die Mehrheit zu kontrollieren".
In Deutschland gibt es das Minderheitsrecht auf Untersuchungs-Ausschüsse: 25 Prozent der Abgeordneten reichen dort für die Einsetzung. Weil die Opposition seit der letzten Wahl geschrumpft ist, wird dort sogar über eine Senkung dieser Prozentschwelle diskutiert.