Südafrika: Abschied von Nelson Mandela

Im ehemaligen WM-Fußballstadion in Johannesburg werden heute bis zu 90.000 Menschen erwartet, um von Nelson Mandela Abschied zu nehmen, unter ihnen über 70 Staatsgäste aus aller Welt. In manchen Vierteln von Johannesburg ziehen es die Menschen vor, die Feierlichkeiten lieber vor dem Fernseher zu verfolgen, wie zum Beispiel im Township Alexandra, einem der ärmsten Vierteln von Johannesburg.

Morgenjournal, 10.12.2013

Eine Reportage aus dem Township Alexandra von

Zwei Welten

Arm und Reich liegen in Johannesburg ganz dicht beieinander. Die Nobelhotels und Firmenhochhäuser des Geschäftsviertels Sandton und die kleinen Hütten in angrenzenden Township Alexandra trennen nur wenige Minuten Autofahrt, und doch sind es zwei Welten.. Hier pflegen Gärtner den Rasen, dort grasen Ziegen die schmalen Wiesenstreifen neben der Straße ab, erzählt Sipho, der schon sein ganzes Leben hier wohnt: "Die Straßen hier, das sind überhaupt keine Straßen, es sind kleine schmutzige Wege. Hier ist alles vollgeräumt, eine Hütte steht neben der anderen. Hier ist kein Platz zum Atmen oder Hygiene, dort drüben stehen mobile Toiletten, daneben ein Wasserhahn, da wäscht ein Mann gerade seine Wäsche."

In einem der Häuser in Alexandra wohnt Lizzy Mukambe, sie ist 78 Jahre alt. Auf dem Boden im Wohnzimmer liegen vier kleine Kinder auf einer Decke und schlafen. "Ich passe auf die Kinder aus der Nachbarschaft auf, wenn sie noch nicht in die Krippe gehen können, dann kommen sie zu mir. Es sind acht Kinder, ich mag sie sehr, sie halten mich jung und auf Trab." Lizzy wohnt seit 50 Jahren in dem Township. Sie sagt, dass sie Nelson Mandela viel zu verdanken hat, aber zu der heutigen Zeremonie wird sie nicht gehen. "Ich würde ja gerne, aber wer bringt mich dahin? Und was sollen wir tun, wenn die Jungen uns dort herumstoßen? Dort sind zu viele Leute."

Keine Hoffnung in Politik

Nicht weit von Lizzys Haus, vorbei an Wellblechhätten und kleinen Backsteinhäusern ist ein Lokal. Bratwürste und Hühnerkeulen werden im Freien gebraten. Steve Makashela sitzt mit ein paar Männern auf einer Holzbank und trinkt Bier, auch er wohnt schon lange hier: "Wir haben hier keine Leute erster oder zweiter Klasse, hier sind alle gleich. Die Menschen helfen einander. Alexandra ist ein tolles Township, aber es ist überfüllt, die Leute besetzen den freien Raum einfach. In Alexandra geht es nicht um Komfort, sondern darum, dass du deinen Kopf auf ein Kissen legen kannst und ein zu Hause hast." Die Menschen in Alexandra helfen sich selbst. Dass die Regierung etwas an ihrer Lage verbessert, glaubt kaum jemand: "Bei jeder Wahl haben sie gesagt: Ihr bekommt Häuser. Aber wir leben jetzt 20 Jahre in dieser Hütte. Hier wird sich nichts ändern, unsere Regierung ist einfach zu korrupt." Sipho, der in Johannesburg ein Kunst-Studium abgeschlossen hat, will trotzdem in Alexandra bleiben. Was er gelernt hat, will er anderen weitergeben.