Parlamentswahl im Irak
Zum ersten Mal seit dem Abzug der US-Armee vor zweieinhalb Jahren wählen die Iraker heute ein Parlament - nach einem Wahlkampf, der von Gewalt und Terror begleitet war. Islamistische Terroristen versuchen vor allem in den Siedlungsgebieten der Sunniten im Westirak sowie in Bezirken um die Hauptstadt Bagdad, die Abstimmung zu verhindern. Ministerpräsident Nuri Al Maliki will sich dennoch eine dritte Amtszeit sichern.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 30.4.2014
Irreguläre Verhältnisse
Wer im Irak heute zur Wahl geht, der trifft vor dem Wahllokal auf schwerbewaffnete Soldaten mit Splitterschutzweste. Leibesvisitationen sind ein Normalzustand, denn die Gewalt ist allgegenwärtig im Irak - und sie macht vor der Wahl keineswegs Halt. Guido Steinberg, Nahostexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin sagt, dass das die demokratische Legitimation beeinflussen kann: "Wahrscheinlich werden vor allem im Nordwesten des Landes sehr viele Sunniten nicht in der Lage sein, ihre Stimmen abzugeben."
Ein Mann, der aus der besonders unruhigen Provinz Anbar vertrieben worden ist, erzählte gestern in Bagdad von den Schwierigkeiten vor der Wahl: "Wir, die Vertriebenen, wissen noch nicht einmal, wo das Wahllokal sein wird, der genaue Ort wurde noch nicht bekannt gegeben."
275 Parteien registriert
21 Millionen Menschen sind heute im Irak wahlberechtigt, mehr als 9000 Kandidaten bewerben sich um die 328 Parlamentssitze, von denen 8 für religiöse oder ethnische Minderheiten reserviert sind. Insgesamt haben sich 275 Parteien für diese Wahl registrieren lassen. Die meisten Parteien verstehen sich als Vertreter bestimmter ethnischer oder religiöser Gruppen. Wie schon bei früheren Wahlen lassen sie sich grob in drei Blöcke einteilen: Schiiten, Sunniten und Kurden. Mischformen sind selten, die Wahlprogramme wenig konkret.
Langfristproblem Korruption
Die Wahlversprechen reichen von neuen Wohnungen über Infrastrukturprojekte bis zu mehr Sicherheit. Versprechungen aus 1001 Nacht hat das einer der vielen Kandidaten unlängst genannt. Für die Iraker ist das auch keine zusätzliche Motivation, wählen zu gehen. Die grassierende Korruption tut da noch das ihre dazu, erklärt Guido Steinberg - längerfristig wahrscheinlich noch ein größeres Problem als die Sicherheitslage: "Der Irak ist zur Beute einer politischen Elite geworden."
Die Erinnerung an die langen Regierungsverhandlungen nach der letzten Wahl sind ebenfalls noch gut, oder besser: schlecht in Erinnerung. Nuri Al Maliki schaffte es damals, zum zweiten Mal Ministerpräsident zu werden, obwohl seine Partei nicht die stärkste wurde. Das könnte sich diesmal wiederholen, mit kräftiger Hilfe Teherans, denn der Iran mischt im Hintergrund mit wachsendem Einfluss mit.