Ukraine: Runder Tisch ohne Ergebnis

In der Ukraine ist gestern der erste Anlauf zu einem Nationalen Dialog der Konfliktparteien ergebnislos verlaufen. Unter Vermittlung der OSZE hatten sich in Kiew Vertreter der Regierung und Entsandte der Regionen zusammengefunden, um über ein Ende des Blutvergießens und möglich Auswege aus der tiefen politischen Krise des Landes zu finden.

Nicht am Verhandlungstisch saßen die bewaffneten prorussischen Separatisten, die bereits einige Gebiete in der Ostukraine für unabhängig erklärt haben. Ein schwerer Fehler, kritisieren Verhandlungsteilnehmer aus dem Osten des Landes.

Morgenjournal, 15.5.2014

Aus Kiew,

Keine Gespräche mit Gewalttätern

Große Hoffnungen steckte wohl niemand in den ersten Runden Tisch des Nationalen Dialogs, der gestern in Kiew begann. Und dennoch kam eine illustre Teilnehmerschar zu den Gesprächen: Neben den beiden Gastgebern, Übergangspräsident Turtschinow und Regierungschef Jazenjuk erschienen auch die beiden ehemaligen Präsidenten Krawtschuk und Kutschma, sowie hohe geistliche Würdenträger. Nicht am langgestreckten Verhandlungstisch im Kiewer Parlament saßen aber die prorussischen Separatisten, die seit Wochen dutzende öffentliche Gebäude in der Ostukraine besetzt halten und die Gebiete Donezk und Lugansk für unabhängig erklärten: "Leute mit Waffen in der Hand werden der Verfassung entsprechend vor Gericht gestellt, meint Übergangspräsident Turtschinow. Man wolle die Anliegen der Ostukraine hören, aber nicht die Expresser, die mit Gewalt ihren Willen dem Land aufzwingen wollten."

Dem ersten Runden Tisch unter Vermittlung der OSZE fehlten nicht nur bedeutende Teilnehmer, sondern auch die Inhalte, kritisiert der aus dem Donezk stammende Präsidentschaftskandidat Renat Kuzmin, der an den Gesprächen teilnahm: "Die ganze Welt hat auf die Lösung von zwei Aufgaben gewartet: die kriegerischen Handlungen einzustellen und die Bedingungen für einen Rückzug der Armee zu schaffen und dann die Entwaffnung der Aufständischen. Nichts davon wurde besprochen, nur gegenseitige Schuldzuweisungen." aber ist es denn vernünftig, bewaffnete Separatisten einzuladen? "Es ist nicht nur vernünftig, sondern unabdingbar, betont Kuzmin. Sie haben sich bewaffnet, kämpfen gegen die Regierung und vertreten einig Millionen Wähler im Donbass. Man darf sie nicht ignorieren."

Nicht am Runden Tisch saß auch Ukraines mächtigster Oligarch Rinat Achmetow, der wirtschaftliche und politische Herrscher über den Donbass. Ohne seine Vermittlung sei die Krise nicht zu lösen, sind politische Beobachter überzeugt, denn er habe Kontakt zu den Separatisten. Per Videobotschaft warnte er davor, dass eine Abspaltung des Donbass verheerende Sanktionen und den Absturz der Wirtschaft bedeuten würde. Der einzig richtige Weg zu mehr Autonomie sei eine Verfassungsreform und Dezentralisierung der politischen Macht: Damit sprach sich Achmetow für die Pläne der Übergangsregierung aus. Verhandelt wurde darüber aber nicht. Immerhin einigten sich die Teilnehmer des Runden Tisches darauf, sich bald wieder zu treffen. Vielleicht schon in wenigen Tagen.