Was bringen Vermögenssteuern?

Die von der SPÖ geforderte Vermögenssteuer ist Zündstoff in der Koalition, und die beiden Parteien legen dazu höchst unterschiedliche Berechnungen vor. Die SPÖ verspricht sich von der Vermögens- oder Reichensteuer eineinhalb Milliarden Euro. Im von der ÖVP geführten Finanzministerium schätzt man hingegen auf maximal 125 Millionen Euro. Und laut Steuer-Experten kann man seriös gar nicht sagen, was eine Vermögenssteuer bringt.

Mittagsjournal, 21.8.2014

Viele Unklarheiten

Die SPÖ will sie, die ÖVP will sie nicht, die allgemeine Vermögenssteuer. Die Schätzungen, was sie bringen könnte, gehen daher auch wenig überraschend weit auseinander. Aber seriös sei das aus Expertensicht gar nicht zu beantworten, sagt die Budgetexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Margit Schratzenstaller. Vor allem, weil man nicht weiß, wie die Betroffenen auf die Steuer reagieren würden: "Es ist nicht absehbar, wie viele Leute ihr Finanzvermögen hinterziehen, was in Österreich relativ einfach ist, weil man eben dieses strikte Bankgeheimnis hat bzw. versuchen, es ins nicht oder niedriger versteuernde Ausland zu schaffen und der einheimischen Besteuerung zu hinterziehen."

Auch Christian Keuschnigg, Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS) sagt, es sei sehr unsicher, wieviel eine Vermögenssteuer tatsächlich bringen würde. Unter anderem, weil man nicht genau wisse, wie die Vermögensverteilung tatsächlich aussieht. Auf die Frage, ob die 1,5 Milliarden Euro, die sich die SPÖ aus der Steuer erhofft, tatsächlich erreichbar sind, wenn man von einem Freibetrag von einer Million Euro ausgeht, sagt Keuschnigg: "Wir haben dazu selber keine exakten Schätzungen gemacht. Aber wenn der Freibetrag realtiv groß ist, dann ist auch das Potenzial für den Steuerertrag beschränkt." Und Margit Schratzenstaller vermutet, dass die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte zwischen den Schätzungen von ÖVP und SPÖ liegen würde.

An anderen Schrauben drehen

Grundsätzlich halten beide Experten die allgemeine Vermögenssteuer nicht für die beste Wahl. In Europa gibt es sie auch nur mehr in zwei Ländern, nämlich in Spanien und Frankreich, unter anderem, weil sie sehr schwer durchzusetzen sei, sagt die WIFO-Expertin. Stattdessen sollte die Regierung an anderen Schrauben drehen. Sie sollte etwa die Grundsteuer erhöhen, und zwar in dem sie die Einheitswerte, die seit Jahrzehnten nicht verändert wurden, kräftig anpasst: Das könnte eine Milliarde Euro bringen, errechnet Schratzenstaller.

Die höhere Grundsteuer wäre zwar auch eine Substanzbesteuerung, die alle treffen würde. Höhere Vermögenssteuern müsse man aber ohnehin immer im Gesamtzusammenhang sehen, nämlich insofern, als es in anderen Bereichen Entlastungen für die Steuerzahler geben müsse. Auch Christian Keuschnigg plädiert für eine höhere Grundsteuer und bezeichnet ein Aufkommen von einigen hundert Millionen Euro als realistisch. Eine andere Möglichkeit wäre die Erhöhung der Kapitalertragssteuer, sagen die Experten.