Burgtheater: Turrinis "Einbruch der Dunkelheit"

Rund um den 70. Geburtstag des österreichischen Dramatikers Peter Turrini, der in den vergangenen September fiel, gibt es derzeit auf österreichischen Bühnen so viel Turrini wie schon lange nicht mehr.

Morgen zieht auch das Burgtheater nach: mit der Premiere von Turrinis Stück "Bei Einbruch der Dunkelheit", das 2006 im Stadttheater Klagenfurt uraufgeführt wurde.

Mittagsjournal, 12.11.2014

Dorothee Hartinger als "Claire" und Barbara Petritsch als "Frau Schwarz"

Dorothee Hartinger als Claire und Barbara Petritsch als Frau Schwarz

APA/HERBERT NEUBAUER

Eine illustre, sich immer wieder in Zwisten zerfleischende, Tischgesellschaft. Burgschauspielerin Barbara Petritsch mit hochaufgetürmter Perücke hat als Kärntner Gutsbesitzerin Dichter, Maler und Komponisten um sich geschart: Sie reden über Kunst, drehen sich dabei im Kreis und zerstören einander wechselseitig mit Genuss - was in Christian Stückls Inszenierung am Burgtheater durchaus grotesk-komische Züge bekommen kann.

Am Hof von Gerhard Lampersberg

Peter Turrini hat sich selbst auch in dieses Stück gleichsam hineingeschrieben: als halbwüchsiger Bub vom Land, der diese dekadente Gesellschaft mit großen Augen betrachtet. Am Kärntner Tonhof des Komponisten Gerhard Lampersberg und seiner Frau ging es ihm Ende der 1950er Jahre wohl ähnlich. Da verkehrte auch der junge Thomas Bernhard, der im Stück unschwer zu erkennen ist.

Thomas Bernhard hatte später seinem Intimfreund Lampersberg im Roman "Holzfällen" ein negatives Denkmal gesetzt, das zu einem Verbot und einem veritablen Literaturskandal führte. Turrini fing wohl viel von der Atmosphäre des Tonhofes in Maria Saal ein. "Und trotzdem", erklärt der Autor im Interview, "ist es nicht eine genaue Beschreibung dessen, was ich als Kind und Jugendlicher in Maria Saal der 50er und 60er Jahre erlebt habe, sondern es ist eine Verquickung von Ausdenkung und Realität."

Christian Stückl, der erfolgreiche Direktor des Volkstheaters in München, der in Salzburg mit seiner Neuinszenierung des "Jedermann" am Domplatz Festspielgeschichte geschrieben hat, aber interessiert sich nicht für die persönlichen Hintergründe, die dem Stück zu Grunde liegen.

Atmosphäre der Enge

Stückl hat sich ja immer wieder mit österreichischer Dramatik auseinandergesetzt, mit Werner Schwab feierte er seine ersten Erfolge, und der Regisseur, der auch für die Passionsspiele in seiner bayrischen Heimat Oberammergau verantwortlich zeichnet, räsoniert, warum die österreichischen Theaterautoren oft so erfolgreich zuschlagen können: Vielleicht, weil "eine größere Enge herrscht" in diesem Land, seien die Bemühungen der Autoren herauszuplatzen stärker als in Deutschland.

"Bei Einbruch der Dunkelheit" ist ein eher untypischer Turrini, der aber in der guten alten Tradition eines Tschechow oder Thomas Bernhard steht.

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