Auf einen Kaffee mit Daniel Kehlmann

Im September kommt mit "Ich und Kaminski" die bereits dritte Verfilmung eines Kehlmann-Romans in die Kinos, und 2016 wird in der Josefstadt ein neues Stück des 40-Jährigen aufgeführt. Ö1 hat den umtriebigen Schriftsteller in einem Wiener Kaffeehaus getroffen.

Daniel Kehlmann

(c) Pfarrhofer, APA

Mit "Die Vermessung der Welt" hat Daniel Kehlmann eines der erfolgreichsten Bücher der letzten Jahre geschrieben, die nachfolgenden Romane "Ruhm" und "F" haben sich ebenfalls in kürzester Zeit zu internationalen Bestsellern entwickelt.

Morgenjournal, 18.8.2015

2003 ist Daniel Kehlmanns Kunstszeneroman "Ich und Kaminski" erschienen. Ein eitler aber erfolgloser Kunstkritiker will darin den großen Durchbruch schaffen, und gelingen soll ihm das mit einer Biografie des hochbetagten und wortkargen Malers Manuel Kaminski. Den besucht er in seinem Schweizer Chalet und bricht schließlich mit ihm zu einer Reise in dessen geheimnisvolle Vergangenheit auf.

Die szenische Schreibweise seines Romans habe die Verfilmung zwar erleichtert, erzählt Daniel Kehlmann, dafür hat die ungewöhnliche Dramaturgie den Regisseur vor einige Schwierigkeiten gestellt: "Regisseur Wolfgang Becker hat zu mir gesagt, die Geschichte sei teuflisch, weil es sich eigentlich um ein Road Movie handle, aber nur was die zweite Hälfte betrifft. Und dann sind da noch zwei Menschen miteinander unterwegs, die beide nicht sonderlich sympathisch sind."

Burlesker Film in Arbeit

Bei "Ich und Kaminski" hat Daniel Kehlmann nicht am Drehbuch mitgeschrieben, dafür hat er mit dem deutschen Regisseur Detlev Buck, mit dem er schon an der Leinwandadaption von "Die Vermessung der Welt" zusammengearbeitet hat, einen ganz neuen Filmstoff entwickelt. Weil da die Verhandlungen gerade im Gange sind, darf aber noch nicht viel verraten werden. Daniel Kehlmann: "Ich sage nur so viel: Es ist ein ziemlich aufwendiger, historischer Stoff, das Drehbuch ist aber sehr burlesk und komisch, und der Film müsste zum Großteil in China und in der Mongolei gedreht werden."

Begeistert fürs US-Theater

Seine Zeit teilt Daniel Kehlmann mittlerweile auf Wien, Berlin und New York auf. Gerade der Wohnsitz in Übersee ist ihm wichtig, was mit seiner Liebe zur amerikanischen Gegenwartsliteratur, mit seiner Freundschaft mit Schriftstellern wie Jonathan Franzen, aber auch mit seiner Begeisterung für das amerikanische Theater zu tun hat. Daniel Kehlmann: "Es ist einfach eine andere Theatertradition, die wirklich noch vom Autor her gedacht wird und wo vom Autor auch verlangt wird, dass er bei den Proben anwesend ist und Fragen beantwortet, während das im deutschsprachigen Theaterbetrieb nicht nur nicht verlangt wird, sondern sogar als Frechheit gilt, wenn der Autor sich herausnimmt, da aufzutauchen."

Subventionierung und das Ancien Régime

Seiner Abneigung gegen das deutschsprachige Regietheater hat Daniel Kehlmann in seiner kontroversiellen Eröffnungsrede bei den Salzburger Festspielen 2009 Luft gemacht. An seinem gespannten Verhältnis zur heimischen Theaterlandschaft hat sich zwischenzeitlich auch nichts geändert. Daniel Kehlmann: "Die ganz hohe Subventionierung des deutschsprachigen Theaters führt schon auch dazu, dass so eine Art Ancien-Régime-Situation entsteht. Dass es also einen Adel gibt, der weiß, er hat keinerlei Unterstützung bei der Bevölkerung. Und genauso hat man eine Klasse von Regisseuren, Theaterdirektoren und Dramaturgen, die wissen, dass das Publikum eigentlich ablehnt, was sie machen."

Neues Stück für die Josefstadt

Anderes gilt offensichtlich für Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger. Der hat 2012 bereits erfolgreich und textgetreu Kehlmanns "Der Mentor" inszeniert und für kommendes Jahr den Zuschlag für das neue Stück bekommen. Daniel Kehlmann: "Das ist eigentlich das erste Mal, dass ich etwas geschrieben habe, was mit aktuellen Ereignissen zu tun hat. In dem Zwei-Personen-Stück geht es darum unter welchen Umständen es vertretbar oder eben nicht vertretbar ist, jemanden zu überwachen."

Zur Beruhigung der Leserschaft sei zum Schluss noch erwähnt, dass Daniel Kehlmann auch einen neuen Roman in Arbeit hat. Über Titel und Inhalt wird aber noch nichts verraten.