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Das Hörspieljahr 2015

Mehr als 100 Hörspiele sendet Österreich 1 im Jahr 2015 - von "Leonce und Lena" mit Oskar Werner bis zu "Dream Jockey" von Wolfgang Bauer. Zur Wahl für das "Hörspiel des Jahres" stellen wir allerdings nur Neuproduktionen.

Aufgeklebter Zettel "Achtung Aufnahme"

ORF

Auch hier reicht das Spektrum von Klassikern wie "Kaiser Joseph II. und die Bahnwärterstochter" von Fritz von Herzmanovsky-Orlando bis zu zeitgenössischen Hörspielen wie "Neues Leben im falschen" von Robert Woelfl.

Wie kaum eine andere Kunstform kann das Hörspiel Privates zur Darstellung bringen, ohne voyeuristisch zu wirken. Diese Stärke des Genres zeigt sich in mehreren neuen Produktionen: In dem Hörspiel "Zu nahe" der oberösterreichischen Autorin Elisa Minth beschreibt diese die Beziehung zweier Zwillingsschwestern. Gemeinsame embryonale Zeit, verknüpfte Identitätsbildung, verknotetes Bewusstsein - die Ich-Bildung vollzieht sich später als bei Einzelgeborenen und mit Schmerzen und Konflikten, die beiden Schwestern waren sich immer "zu nahe". Die Schwierigkeiten, seine eigene Identität zu entwickeln, die Probleme mit Eigen- und Fremdbild waren auch Thema von Produktionen wie "Dürre Jahre" von Helene Flöss, "Wer bist du? " von Dieter Sperl, "Drei Schwestern auf Urlaub von Pia Hierzegger", "ER+ICH: Leichenschmaus für Erich" von Helmut Hostnig oder "Neues Leben im falschen" von Robert Woelfl. Während uns das Hörspiel "Dürre Jahre", produziert im Landesstudio Tirol, eindringlich die Situation eines jungen magersüchtigen Mädchens vermittelte, reflektierte die Schauspielerin, Autorin und Regisseurin Pia Hierzegger mit "Drei Schwestern auf Urlaub" durchaus ironisierend das Leben dreier Frauen Mitte 30.

Zwei Hörspielprojekte, die in Koproduktion mit dem NDR bzw. dem Deutschlandradio Kultur entstanden sind, führen uns in das Wien des Fin de Siècle: "Später Ruhm", die 2013 in Cambridge aufgefundene, ursprünglich verschollen geglaubte frühe Novelle Arthur Schnitzlers ist ein Porträt der literarischen Wiener Bohème. In diesem Hörspiel werden auch Ängste und Zweifel des 32-jährigen Arthur Schnitzler an seiner literarischen Kompetenz deutlich. Noch stärker autobiografisch ist der Hörspielzweiteiler "Eine Wiener Romanze" von David Vogel. Der 1910, im Original in Hebräisch geschriebene Roman des aus der Ukraine stammenden Autors, der ebenfalls wie Schnitzlers "Später Ruhm" erst vor wenigen Jahren wieder entdeckt wurde, thematisiert Jugendkult und Urbanität, den Verfall von Idealen und den bevorstehenden Niedergang eines großen Reiches.

Nicht im Studio, sondern an Original-Hörplätzen entstand "Sieben Leben", das vierte Hörspiel der jungen österreichischen Autorin Magda Woitzuck, "eine Fabel mit vier Katzen, zwei Menschen und einem weißen Klavier", realisiert im Surround-Sound von Peter Kaizar. Dokumentarischen Charakter hatten das Hörstück "Wer bist du? " von Dieter Sperl, er stellte 28 Menschen unterschiedlicher Berufe und Berufungen diese eine einzige Frage - ohne zeitliche oder inhaltliche Beschränkung und "Made in Austria" von Rosemarie Poiarkov und Oleg Soulimenko. Hier erzählten sechs Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, warum sie Österreich zu ihrer Wahlheimat gemacht haben und hier glücklich sind.

Außergewöhnlich von Besetzung und Ausmaß war der Radiokrimi "Ein dickes Fell" von Heinrich Steinfest, ein Krimi-Dreiteiler mit bekannten Stimmen in ungewöhnlichen Rollen wie z.B. Anne Bennent als Auftragsmörderin oder Gerti Drassl als ihr behinderter Sohn. Bewährter Erzähler war Wolfram Berger, der für Ö1 auch "Kaiser Joseph II. und die Bahnwärterstochter" von Fritz von Herzmanovsky-Orlando aufgenommen hat, "ein parodistisches Spiel mit Musik in einem Akt, ein Solo für zirka 57 Stimmen", alle dargeboten von Wolfram Berger selbst.

Der Tiroler Autor und Fotograf Bernhard Aichner ist mit den Thrillern "Totenfrau" und "Totenhaus" zum Bestsellerautor geworden, einen seiner Krimis gibt es nur als Hörspiel: "Play", 2015 produziert vom Landesstudio Tirol. In Koproduktion mit der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz hat das Landesstudio Oberösterreich das Hörspiel "Da will etwas Eigenes zu Wort und Weise kommen. Rilke im Gespräch mit jungen Künstlern" produziert, eine moderne Hörcollage auf Basis von Briefen des Dichters Rainer Maria Rilke.

Zum 100. Geburtstag der Kärntner Dichterin Christine Lavant hat Sophie Rois "Das Wechselbälgchen" für Ö1 eingelesen. Mit großer Eindringlichkeit, direkt, rau und zeitlos beschreibt Christine Lavant die Ausgrenzung einer Schwachen aus der Dorfgemeinschaft. Die Musik zu diesem Hörstück stammt von Peter Rosmanith, Matthias Loibner und Franz Hautzinger. Direkte und indirekte Auswirkungen der Herrschaft der Nationalsozialisten dokumentierte auch das Hörspiel "Hornissengedächtnis" von David Zane Mairowitz. Ein einstiges Liebespaar hat fünfzig Jahre kein Wort mehr miteinander gesprochen, ihre Enkelin versucht das Unmögliche: zwischen den beiden zu vermitteln.

Ein Zeitdokument besonderer Art war eine der letzten Neuproduktionen des Jahres 2015: Die Autobiographie "Aus meinem Leben" von Franz Michael Felder. Franz Michael Felder, der 1839 in einem Dorf im Bregenzerwald geboren wurde, "erliest" sich die Welt, von der Bibel bis zu Schillers "Räubern". Später wird er eine Genossenschaft gegen die Milch-Monopolisten seiner Zeit gründen, mit dem Dorfpfarrer verfeindet sein, sich politisch engagieren. Michael Dangl erzählt in einem Hörstück in der Regie Philip Scheiners diese außergewöhnliche Lebensgeschichte aus dem Vorarlberg des 19. Jahrhunderts.

Voting abgeschlossen

Bereits zum 23. Mal waren Sie eingeladen, das "Hörspiel des Jahres" zu wählen. Die Abstimmungsfrist endete am 20. Jänner. Die Bekanntgabe der Ergebnisse erfolgt im Rahmen der "Ö1 Hörspiel-Gala" am 26. Februar 2016 im Funkhaus in Wien. Damit Ihre Mühe nicht unbedankt bleibt, werden aus den Zusendungen 30 ausgelost. Die glücklichen Gewinner erhalten, als kleines Dankeschön, eine ORF-CD ihrer Wahl.