Roman von Cormac McCarthy

Der Feldhüter

Cormac McCarthys 1965 veröffentlichter Roman "The Orchard Keeper" liegt erstmals auf Deutsch vor. "Der Feldhüter" - ein existentialistisches Mosaik aus dem rabenschwarzen Süden der USA - ist das furiose, aber seinerzeit kaum gelesene Debüt des Romanciers der Finsternis.

"Virtuos und nüchtern zugleich übersetzt"

Nikolaus Stingl hat viele Romane von Cormac McCarthy ins Deutsche übertragen, darunter "Kein Land für alte Männer" und "Die Straße". Mit Gespür für die besondere Mischung von zeitloser, grimmiger Südstaaten-Folklore und biblischen Untertönen, die Mc Carthys Büchern eigen ist, gelingt es Stingl, den endzeitlichen und schroffen Tonfall in ein karges und doch bildmächtiges Deutsch zu überragen.

McCarthy, ein Nordstaatler, den es in den Süden verschlug, hat in Knoxville, Tennessee seine Zelte aufgeschlagen und sein Thema gefunden: Das dämonische Vexierspiel von Moral und Amoralität, eingepackt in Bilder grotesker Gewalt. Sein Roman "Der Feldhüter" führt uns in eine bettelarme Gegend, unweit von Knoxville, in der Menschen nicht leben, sondern vielmehr vegetieren. Hier leben Arthur Ownby, armseliger Hüter einer aufgegeben Obstplantage, der Alkoholschmuggler Marion Sylder und der junge John Wesley Rattner. Nur wir Leser wissen, dass Sylder den Vater von Rattner während einer Autofahrt in Notwehr erschlagen hat. In Arthur Ownbys Obstplantage versenkt er den Toten in einer toxischen Mischgrube. McCarthy lässt diese Figuren nun kreisen, aufgehängt wie an einem Mobile. Er erzählt fortan nicht die Geschichte eines Mordes und seiner Sühne, er schildert Zustände und Landschaften, in denen die unsympathischen Protagonisten wie Verlorene erscheinen, ausgeliefert den Wirkmächten der Evolution.

Wie McCarthy seinen finsteren Blick durch Menschen und Landschaften streifen lässt, hat Nikolaus Stingl virtuos und nüchtern zugleich übersetzt.

Service

Cormac McCarthy, "Der Feldhüter", Roman, aus dem Englischen von Nikolaus Stingl, Rowohlt Verlag

Originaltitel: "The Orchard Keeper"