Vielfalt bei Berliner Filmfestspielen

Die Berlinale geht langsam in ihren Endspurt und beweist in ihrer Wettbewerbsauswahl einmal mehr große Vielfalt. Kunstvoll arrangierte Spielfilme mit historischen Sujets und Starbesetzung wie Jude Law und Colin Firth treffen da auf weitgehend unbekannte Spiegelungen gegenwärtiger Wirklichkeit. Der Wettbewerb um den Golden Bären hatte in den letzten zwei Tagen dazu zwei Preisanwärter zu bieten.

Jude Law

AFP/MACDOUGALL

Mittagsjournal, 17.2.2016

Der Schriftsteller und sein Lektor

Wenn Hollywood-Stars bei der Berlinale auftreten, dann lassen sich die Fotografen nur mit freundlichem Nachdruck bei der Jagd nach den besten Bildern einbremsen. Vor allem Jude Law und Colin Firth waren gestern das Ziel fotografischer Begierde, die Hauptdarsteller im Film "Genius", der die schwierige, oft dramatische, aber literarisch überaus fruchtbare Beziehung zwischen dem US-amerikanischen Schriftsteller Thomas Wolfe und seinen Lektor Max Perkins in den 1920er Jahren aufrollt. Wolfe, der manische Dauerschreiber, trifft auf Perkins, der dem Autor zum Durchbruch verhilft, aber immer wieder auch zur Vernunft rufen muss.

Es ist ein Kampf um Worte, der viel weiter geht, ein Machtkampf zwischen zwei völlig unterschiedlichen Charakteren mit ihren Schwächen und Stärken. Während Wolfe sich oft wie ein Flegel benimmt, Menschen schamlos ausnutzt, das ungezogene Genie quasi, ist Literaturliebhaber Perkins eine bescheidene Persönlichkeit, die stets unsichtbar bleiben wollte, wie Darsteller Colin Firth meint.

Regisseur Michael Grandage hält - und das macht den Film sehenswert - die Kräfteverhältnisse lange in der Schwebe, das Ringen um die Kunst als gnadenloser Prozess von Miteinander und Gegeneinander. Den einen hätte es ohne den anderen so nicht gegeben. Für Jude Law war vor allem Wolfes Drang zu neuen Wegen faszinierend.

Greencard-Soldat Nero

Von der Welt der Kunst zurück in eine unheilvolle Realität. Dorthin führt der Film "Soy Nero - Ich bin Nero". Die im Titel so selbstbewusst ausgestellte Identität eines 19-jährigen Mexikaners ist aber brüchig, zwischen der Tristesse in seiner Heimat und den Verheißungen des Kapitalismus in den USA. Als sogenannter "Greencard Soldier" will er sich eine Aufenthaltsgenehmigung durch einen Auslandseinsatz beim US-Militär erdienen. Doch die Sache kommt anders. Im Krieg zu sein, sei schlimm genug, sagt Regisseur Rafi Pitts, doch noch schlimmer sei es, wenn man danach wieder zurückgewiesen werde.

Genaue Zahlen kann Regisseur Pitts nicht nennen, aber ungefähr 3.000 Greencard-Soldaten sollen nach ihrem Militärdienst bisher wieder in ihre Heimatländer abgeschoben worden sein. Der Film "Soy Nero" will diesen Menschen eine Stimme geben und fügt damit auch dem Dauerthema globale Migration einen weiteren, bislang weitgehend unbekannten Aspekt hinzu.

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