Juli Zeh präsentiert "Unterleuten"
Brechend voll war das Forum auf der Leipziger Buchmesse, als die deutsche Autorin Juli Zeh ihren neuen Roman "Unterleuten" vorstellte - 640 Seiten, einer der Spitzentitel dieses Bücherfrühlings. Zehn Jahre hat sie an diesem großen Gesellschaftsroman gearbeitet.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 19.3.2016
"Eine überaus unterhaltsame Mentalitätsgeschichte und Sozialanalyse"
1974 in Bonn geboren, war Juli Zeh 27, als sie mit ihrem Debüt "Adler und Engel" zur Erfolgsautorin wurde. Seit damals hat sich die studierte Juristin nicht nur mit einigen weiteren Romanen einen Namen gemacht, sondern auch als kritische Beobachterin gesellschaftlicher Entwicklungen.
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Juli Zeh, "Unterleuten", Roman, Luchterhand
Leipziger Buchmesse
Es brodelt beim Vogelschutzgebiet
"Unterleuten" - das ist für Juli Zeh die Bühne für die großen Themen: von der DDR-Vergangenheit bis zur kapitalistischen Profitmaximierung. "Unterleuten", so heißt der Schauplatz des Geschehens, ein abgeschiedenes brandenburgisches Dorf mit hübschen Ziegelhäusern am Rand eines Vogelschutzgebietes. Es ist ein Ort für Stadtflüchtlinge aus Berlin - eine Idylle wie es scheint. Bis eine Investmentfirma in der Nähe des Dorfes einen Windpark errichten will und das soziale Gefüge aus den Angeln hebt.
Abbild der deutschen Gegenwart
Zugezogene, Wendegewinner und Wendeverlierer, 250 Menschen leben hier, rund zwei Dutzend lernen wir näher kennen: Da ist der ehemalige Soziologieprofessor und fanatische Vogelschützer, der Großbauer, der Altkommunist, die taffe Pferdetrainerin, ein Computerfreak, die pensionierte Buchhalterin, ein verrückter Autobastler und Kleinkrimineller - ein soziales Panoptikum. Aus wechselnden Perspektiven porträtiert Juli Zeh hier eine Mikrogesellschaft als Abbild der deutschen Gegenwart im "Zeitalter bedingungsloser Egozentrik", wie sie meint.
"Mit Angst wird Politik gemacht"
Und daraus resultieren Versagensangst, Verlustangst, Existenzangst, usw. Angst - das sei das Thema unserer Zeit und damit werde auch Politik gemacht. "Weil Sex als Verkaufsargument nicht mehr so richtig funzt, und Angst funzt einfach super", betont Juli Zeh. Als Autorin sei sie trotzdem "hoffnungsfroh" aus diesem Buch hervorgegangen. "Wir sind Gesellschaftstiere und wir finden eine Form, in der wir zusammenleben können, trotz aller Verwerfungen. Wir werden nicht apokalyptisch untergehen", so Juli Zeh.
Und wir lernen einstweilen am Beispiel Unterleuten überaus unterhaltsam Mentalitätsgeschichte und Sozialanalyse - und wir sehen, wie sich die großen Gesellschaftsdebatten und der Zusammenbruch eines Systems im Mikrokosmos des Dorfes spiegeln.