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ORF-Wahl
Wrabetz und die starken Leute
Seit Mittwoch, den 30. Juni, läuft die Ausschreibung für den Posten des ORF-Generaldirektors. Fix bewerben wird sich der amtierende ORF-Chef Alexander Wrabetz - und zwar für seine gleich vierte Amtsperiode ab Jänner 2022. Ob der ÖVP-dominierte Stiftungsrat hinter ihm steht oder doch noch einen Überraschungskandidaten oder eine -kandidatin auf den Schild hebt, wird sich im August zeigen. #doublecheck hat mit Alexander Wrabetz über Kandidatur und Pläne gesprochen.
2. August 2021, 02:00
Wenn der ORF-Generaldirektor intensiv in den Bundesländern unterwegs ist, um den Kultursommer auf ORF III und 3sat zu promoten, dann kann da durchaus auch Wahlkampf drinnen sein. Ein gemeinsames Foto mit Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner von der ÖVP zieht in diesen Tagen schnell die Spekulationen nach sich: Will Wrabetz die starken ÖVP-Leute in den Ländern auf seine Seite bringen, um seine Chancen am 10. August zu wahren?
Alexander Wrabetz im #doublecheck-Interview mit Stefan Kappacher.
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Pflöcke einschlagen, aber keine Absprachen
"Die Landeshauptleute wissen, dass es eine sehr gute Zusammenarbeit gegeben hat und dass ich da auch die Pflöcke für die Zukunft einschlagen will – die ja sozusagen noch offen ist." Absprachen gibt es keine? Wrabetz weicht aus, verweist auf das gesetzliche Anhörungsrecht der Landeshauptleute bei der Bestellung der Landesdirektoren und -direktorinnen. Und dass er sich dabei als derjenige empfehle, der regionale Berichterstattung ermögliche und nicht nur verspreche.
Deal um den Salzburger Landesdirektor?
Zuletzt hat der vom Land Salzburg nominierte Stiftungsrat Matthias Limbeck sein Mandat zurückgelegt, er will sich als Landesdirektor bewerben. Ein Schritt, der aufgefallen ist. Will Wrabetz den amtierenden Landesdirektor Christoph Takacs ablösen, ist er unzufrieden mit ihm? "Nein, er hat eine ordentliche und gute Arbeit gemacht. Daher ist die Entscheidung jetzt auch noch nicht gefallen." Eher nur ein halbes Dementi. Ob es Druck von Seiten der Landespolitik - sprich der Salzburger ÖVP - gebe, Limbeck statt Takacs zum Landesdirektor zu machen, das verneint Wrabetz klar.
Ein Frauenanteil, der gar nicht mehr geht
Nur zwei von neun ORF-Landeschefs sind Chefinnen, die neun Chefredakteure in den Landesstudios sind ausnahmslos Männer. Ein Verhältnis, das 2021 gar nicht mehr geht. Alexander Wrabetz, der schon 2011 eine "signifikante Erhöhung" des Frauenanteils in den Führungspositionen versprochen und das dann nicht umgesetzt hat, steht hier auch unter dem Druck der kleineren Regierungspartei, den Grünen. Deren Sprecher im Stiftungsrat, Lothar Lockl, will hier Ergebnisse sehen. Eine Verhältniszahl will Wrabetz nicht nennen, mehr Frauen seien sein Ziel - und geeignete Bewerberinnen seien klar im Vorteil, er werde Frauen auch ermuntern, sich zu bewerben.
Der Kandidat hält sein Team bedeckt
Was sein Team betrifft und die Aufteilung der Zuständigkeiten, da will sich der Kandidat Wrabetz noch nicht in die Karten schauen lassen. Das komme in seine Bewerbung an den Stiftungsrat hinein. Offen bleibt damit, wie die Führung der ab Mitte 2022 multimedial aufgestellten ORF-Information aussehen wird. Derzeit ist der Generaldirektor auch der oberste Informationsverantwortliche, der neue multimediale Newsroom soll von einem Vierer-Team geleitet werden.
Zwei Managerinnen für den Kulturwandel
In einem Punkt wird Wrabetz im #doublecheck-Interview konkreter: "Es ist ganz wichtig, dass wir zwei Funktionen schaffen. Wir brauchen eine Managerin – beide sollten vorzugsweise Frauen sein – für den kulturellen Wandel, den der ORF machen muss. Und die zweite ist für den Digital Change. Das müssen zwei Funktionen sein, die gut und stark aufgestellt sind, wo man das bündelt." Was Wrabetz meint: Er will zwei Frauen, die die digitale Transformation forcieren. Im Newsroom organisatorisch und geistig in den Köpfen der Mitarbeiter.
Stärkung der Radioinformation im Newsroom
Welchen Stellenwert wird das Radio in dem neuen multimedialen Umfeld haben? Wrabetz sagt: "Es muss zu einer Stärkung der Radioinformation kommen, jedenfalls nicht zu einer Verwässerung unseres sehr starken Auftritts im Radio. Wir sind da in Europa einzigartig, und das wollen wir unbedingt behalten." Mehr Ressourcen – etwa für Podcasts, die mit dem ORF-Player forciert werden sollen – das sieht Wrabetz nicht, da hofft er eben auf Synergien.
Fast eine Bestandsgarantie für FM4
Ein Radiosender, der viele Fans hat, aber immer wieder einmal in Frage gestellt wurde, ist FM4. Kann Wrabetz garantieren, dass FM4 mit eigener Frequenz als lineares Radio on air bleibt? "Das ist schon mein Ziel, aber gleichzeitig sehe ich speziell für FM4 gute Möglichkeiten, die digitalen Ausspiel-Wege zu nutzen. Das heißt aber nicht, dass ich die Basis bei FM4 aufgebe", so der ORF-Chef. Wenn Spotify als große Plattform anfange, sich auch um lineare Radios umzuschauen, "dann werden wir nicht den umgekehrten Weg gehen und unsere linearen Angebote schwächen, bevor wir überhaupt in der Plattformwelt angekommen sind".
Also quasi eine Bestandsgarantie für FM4? Wrabetz: "Schauen wir einmal, was am 10. August ist. Und dann reden wir über die Bestandsgarantie."