Gedanken für den Tag
Von Johann Holzner. "Manchmal stand ein Stern am Himmel meines Traums" - Zum 25. Todestag von Rose Ausländer. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer
31. Dezember 2012, 06:56
Rose Ausländer hat zeitlebens Gedichte geschrieben, darunter auch viele, die, wenn man sie zum ersten Mal hört, durchaus befremdlich wirken können: als hätte die Autorin nicht eigentlich poetische Texte, vielmehr Predigten verfasst - einfache, wenig verschlüsselte, beinah eindeutige Texte, die den Ton des Genres der Verkündigung aufnehmen und sich schließlich gut dazu eignen, zu ganz bestimmten Anlässen vorgetragen zu werden: wie, am Ende des Jahres, das Gedicht "Kreisen".
Kreisen
Wieder ein Jahr als Ring
in den Baum gewachsen
der stillsteht und
ahnungslos kreist
mit der Erde
Auch die Geschöpfe
merken nicht daß sie kreisen
und Jahre sie einkreisen
atemstark
wie den Baum
Eine Aufmunterung, so lässt sich das verstehen, wenigstens am Silvestertag innezuhalten, sich zu besinnen, darüber nachzudenken, was wesentlich ist, was wichtiger wäre als das Routinegetriebe des grauen Alltags, als all das, was zu merken sich eben kaum lohnt.
Aber die Poesie der Rose Ausländer vermittelt weit mehr als derartige Handlungsanweisungen. Sie vermittelt vielfach Erinnerungen an Erfahrungen und Begegnungen, an reale wie an fiktive Bilder, und oft und oft an die Bilder einer versunkenen Welt, der viersprachigen Welt in Czernowitz. Eine Welt, in der Märchen und Mythen in der Luft lagen - und auch Träume, die ganz auszulöschen keiner Diktatur des 20. Jahrhunderts gelungen ist. In den Gedichten von Rose Ausländer sind sie nämlich immer noch aufgehoben.
Auf die Frage, warum sie schreibe, hat Rose Ausländer einmal geantwortet: "Vielleicht weil ich in Czernowitz zur Welt kam, weil die Welt in Czernowitz zu mir kam. Jene besondere Landschaft. Die besonderen Menschen .... Das viersprachige Czernowitz war eine musische Stadt." Musisch: für Rose Ausländer (Jahrgang 1901) hieß das auch: weltoffen.
Service
Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes
Sendereihe
Playlist
Komponist/Komponistin: Gabriel Faure/1845 - 1924
Titel: Quintett für Klavier, zwei Violinen, Viola und VC in d-moll op.89
* Allegro moderato - 3.Satz (00:07:50)
Klavierquintett
Ausführende: Quintetto Faure di Roma
Ausführender/Ausführende: Maureen Jones /Klavier
Ausführender/Ausführende: Pina Carmirelli /Violine
Ausführender/Ausführende: Federico Agostini /Violine
Ausführender/Ausführende: Massimo Paris /Viola
Ausführender/Ausführende: Francesco Strano /Violoncello
Länge: 02:00 min
Label: Claves 508603