Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

Das geheime Leben des Paul de Man
Gestaltung: Gerhard Pretting

Dass einflussreiche Denker nach ihrem Tod an Einfluss verlieren, ist nichts Ungewöhnliches. Mit welcher Rasanz aber Paul de Man vergessen wurde, ist schon bemerkenswert. Als der gebürtige Belgier 1983 starb war er einer der anerkanntesten Intellektuellen der USA. Der Professor für Komparatistik an der Universität Yale hatte in den 1970er Jahren die Literaturtheorie auf neue Beine gestellt. "Dekonstruktion" hieß die von ihm mit erfundene neue Art, Texte zu lesen und zu interpretieren. Für Jacques Derrida, der auch ein enger Freund von de Man war, waren dessen Texte die Grundlage für seine eigene Philosophie. Dreieinhalb Jahre nach seinem Tod wurden die ersten Skandale rund um Paul de Man bekannt. 1987 wurde aufgedeckt, dass er während des Zweiten Weltkriegs für belgische Kollaborationszeitungen geschrieben hat. Nach und nach wurden immer mehr Details vom Leben des Paul de Man bekannt. So gründete er in Belgien nach dem Krieg ein Verlagshaus, das nur zwei Bücher herausbrachte, de Man aber die Möglichkeit bot, für sich über eine Million Francs abzuzweigen. Die Fahrt nach Amerika war für ihn dann auch eine Flucht vor den Gläubigern zuhause. 1951 wurde er in Belgien in Abwesenheit wegen Urkundenfälschung und Täuschung von Geldgebern zu fünf Jahren Haft verurteilt. Obwohl de Man den Doktortitel verliehen bekam, hat er nie auch nur ein Kapitel seiner Dissertation vollendet - und so als wäre das alles noch nicht schlimm genug, war er auch noch ein Bigamist.

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