Nachspiel zu "Bunga-Bunga"

Prozess gegen Berlusconi beginnt

Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat sich ab heute vor Gericht zu verantworten, wegen Beihilfe zur Prostitution Minderjähriger und wegen Amtsmissbrauchs. In dem Prozess des Jahres geht es primär um die Ruby genannte Marokkanerin Karima El-Marough, vor deren Enthüllungen nicht nur Italiens Regierungschef zittert.

Morgenjournal, 06.04.2011

Verhandlung in Abwesenheit

Schon Dienstagabend bezogen erste Journalisten Position vor dem Mailänder Gericht, in dem um 9.30 der Startschuss zum sogenannten Ruby-Prozess fällt. Bis zuletzt wurde im Saal noch Hand angelegt. Wände wurden gefärbelt, Kabel verlegt. Und das, obwohl für die TV-Teams und Fotografen der Zutritt verwehrt ist, und weder der berühmte Angeklagte, noch die inzwischen auch allseits bekannte Verursacherin seiner rechtlichen Not, anwesend sein werden. Silvio Berlusconi hatte ja schon vor Tagen abgewunken. Und Karima El-Marough - die als mögliche Nebenklägerin aufscheinen könnte - war gar nicht auf der Liste. Ebenso wenig wie die anderen rund 40 jungen Frauen, die regelmäßig Silvio Berlusconis Residenzen besuchten und genauso regelmäßig Geld und Geschenke bekamen. Es liegt also vorerst an Berlusconis Anwälten, diese erste - primär logistische Hürde - zu nehmen.

Streit um Zuständigkeit

Dass das Klima am Vormittag im Gerichtssaal angespannt sein wird, darf man nach einer Abstimmung gestern im Parlament voraussetzen. Damit wurde ja die Zuständigkeit des Mailänder Gerichts angefochten: "Das Verhalten der Richterschaft in Mailand schädigt die Sonderrechte des Parlaments. Dieses müssen wir heute mit unserer Entscheidung verteidigen", wetterte der PDL-Politiker Antonio Leone im Parlament. Und am Ende wurde tatsächlich mit 314 zu 302 Stimmen beschlossen, dass der Verfassungsgerichtshof entscheiden soll. Nämlich, ob das Gericht in Mailand oder nicht doch - wie von der Parlamentsmehrheit angedacht - das sogenannte Ministertribunal für die Causa zuständig ist. Falls dem so ist, könnte es zu einer längeren Aussetzung des Verfahrens kommen.

"Schande, Schande!"

Mailands Staatsanwaltschaft hat schon betont, sie werde sich gegen eine Aussetzung mit allen Mitteln wehren. In Rom selbst ist es deshalb gestern zu Protesten gegen die Regierung Berlusconi gekommen: "Schande, Schande", riefen die Demonstranten, die mit einer "Weißen Nacht der Demokratie" ihrem Unmut gegen Ad-Personam-Gesetze und ähnlichem Ausdruck verliehen. Tausende Menschen - unter ihnen Anhänger der Oppositionsparteien und der regierungskritischen Bürgerbewegung "lila Volk" forderten ein Ende der Regierung Berlusconi: "Es gibt keine ideologischen Unterschiede mehr. Es gibt nur mehr Ehrliche und Unehrliche", sagt eine Frau. Und ein Mann meint: "Wir sind beschämt, so wie es auch andere konservative Europäer waren, als sie von diesem Wahnwitz hörten, dass Berlusconi eines Nachts die Polizei angerufen hat, und sagte: 'Lasst die Nichte Mubaraks frei'."

Was sagt George Clooney?

Amtsmissbrauch wird dem Ministerpräsidenten daher vorgeworfen und Sex mit der damals noch minderjährigen Karima. Nun sollen Dutzende Zeugen von George Clooney bis Cristiano Ronaldo bezeugen, dass Berlusconis Feste und die Bunga-Bunga-Spiele harmlos seien. Wenn den Richtern nicht die Hände gebunden werden.

Ist das der Anfang vom politischen Ende Berlusconis?

Einschätzungen von Italien-Korrespondent Robert Uitz im Ö1 Morgenjournal-Gespräch am 06.04.2011 mit Helene Seelmann

Vertagt - nächstes Mal mit Berlusconi

Der Prozess ist nach fünfminütiger Verhandlung auf den 31. Mai vertagt worden. Die Rechtsanwälte von Premier Silvio Berlusconi erklärten, der Premier wolle ab dem 31. Mai an allen Gerichtsverhandlungen teilnehmen. "Er will dabei sein, auch wenn es Tage geben wird, an denen er wegen seiner Amtsverpflichtungen nicht anwesend sein kann", sagte Berlusconis Rechtsanwalt Giorgio Perroni.