110 Milliarden nicht genug

Spekulationen über neue Griechenland-Hilfe

Genau vor einem Jahr hat Griechenland ein Hilfspaket von 110 Milliarden Euro bekommen - von der EU und vom Internationalen Währungsfonds. Dieses Geld sollte für drei Jahre reichen, von 2010 bis 2013. Trotzdem wird schon jetzt darüber spekuliert, dass Griechenland zusätzliche Hilfe brauchen könnte.

Mittagsjournal, 09.05.2011

Weitere 25 Milliarden fehlen

Der britische Finanzminister George Osborne hat es gestern offen ausgesprochen. Griechenland brauche womöglich weitere Finanzhilfen der Euro-Länder. Und das, obwohl die EU-Hilfe eigentlich bis zum Jahr 2013 reichen sollte. Tut sie aber offenbar nicht. In diversen Medien wird über eine Lücke von 25 Milliarden Euro spekuliert, die im nächsten Jahr, also 2012 droht. Wenn die Euro-Finanzminister nichts unternehmen, steht Griechenland demnach endgültig vor der Pleite.

Sparplan nicht rasch genug

Wie diese Lücke entstanden sein könnte, dazu sagt Franz Hahn vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO: die griechische Regierung konnte das Konsolidierungsprogramm nicht rasch genug umsetzen.

Denn in Griechenland läuft bei weitem nicht alles nach Plan. Die Neuverschuldung hat im Vorjahr 10,5 Prozent betragen, fast einen Prozentpunkt höher als erwartet. Die Wirtschaft schrumpft das dritte Jahr hintereinander, erst Ende des heurigen Jahres könnte sie wieder leicht wachsen.

Und: in dieser Situation gelingt es dem Staat
nach wie vor nicht, ausreichend Steuern einzutreiben.

Ausweg: Schulden-Nachlass

Wie kann also ein zweites Hilfspaket für Griechenland aussehen? Spekuliert wird über neuerliche Kredite an Griechenland. Und, dass die Euro-Länder diese Kredite zu niedrigeren Zinsen zur Verfügung stellen. Das allein werde aber das Problem Griechenlands nicht lösen, nämlich den enormen Schuldenberg Griechenlands, sagt Franz Hahn: die 340 Milliarden Euro können erst in 10 bis 15 Jahre abgetragen werden. Dieser Zeitraum könne nicht sinnvoll überbrückt werden.

Der Experte des Wirtschaftsforschungsinstituts sieht für Griechenland nur einen vernünftigen Ausweg: nämlich einen Schulden-Nachlass. Private Gläubiger müssten also auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Verhandlungen über solche Schulden-Nachlässe haben in anderen Fällen, wie zum Beispiel Argentinien Jahre gedauert, im Fall Griechenland könnte das aber schneller gehen, sagt Hahn. Denn die meisten Schulden sind Euro-Schulden und die EZB etwa halte einen großen Anteil an griechischen Staatsschulden.

Zahlen würden für diesen Schuldennachlass für Griechenland nicht nur die Banken und Versicherungen, auch die Steuerzahler der anderen Euro-Länder, sagt Hahn. Nicht zuletzt deshalb, weil die Europäische Zentralbank zuletzt in großem Umfang griechische Staatsanleihen gekauft hat.