Neue Chancen für Österreich
Aufschwung nach der Katastrophe
Beben, Tsunami, AKW-Gau: Vor gut zwei Monaten, am 11. März, hat ein schweres Erdbeben den Nordosten Japans erschüttert. Das menschliche Leid lässt sich noch immer kaum in Worte fassen. Vergleichsweise leicht fällt es, wenn es um die ökonomischen Eckdaten geht.
8. April 2017, 21:58
Der österreichische Handelsdelegierte in Japan erwartet, dass sich Japans Wirtschaft nächstes Jahr erholt und auch Österreich neue Exportchancen bekommt.
"Japan wird den Wiederaufbau schaffen"
Der österreichische Handelsdelegierte Martin Glatz im Mittagsjournal-Interview am 20.05.2011 mit Volker Obermayr
"Eine neue Art der Normalität"
"So traurig es klingt - man hat sich an die Situation gewöhnt" - so beschreibt der österreichische Handelsdelegierte Martin Glatz, seit einem Jahr ist für die Wirtschaftskammer in Tokio stationiert, derzeit in Wien. Das Thema sei jetzt vor allem Energiesparen hinsichtlich der Klimaanlagen im beginnenden Sommer. Aber in Gesprächen schwinge die Trauer immer mit, angesichts von 27.000 Toten und Vermissten. "Japaner sind nicht gefühllos, sie zeigen nur ihre Gefühle nicht in der Form, wie wir es tun."
Die immer wieder neuen Meldungen über sich ausbreitende Radioaktivität verunsichern die Menschen, man wird vorsichtiger beim Einkaufen von Lebensmitteln. Aber man gehe davon aus, dass die Vorsichtsmaßnahmen ausreichen, um die Menschen weitestgehend zu schützen.
In den Bebenregionen gehe es nach wie vor darum, die Trümmer zu beseitigen und Land für die Lagerung zu finden. Zugleich werden Wohnungen gebaut, aber der Wiederaufbau werde noch Jahre dauern. Finanziell werde Japan das schaffen, dafür gebe es ausreichend Ersparnisse. Und die Bevölkerung zeige ein hohes Maß an Solidarität.
Wiederaubau als Wirtschaftsmotor
In den ersten drei Monaten des Jahres ist die Wirtschaftsleistung doppelt so stark gesunken wie von Experten erwartet. Fahrzeug-, Stahl- und Elektroindustrie müssen immense Ausfälle verkraften. Japans Wirtschaft wird laut Prognosen heuer um 3,5 Prozent schrumpfen. Der Aufschwung wird aber mit voller Kraft für das nächste Jahr erwartet, weil auch der Wiederaufbau die Wirtschaft ankurbelt. "Für nächstes Jahr wird ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent vorhergesagt", so Glatz.
Lehren aus der Krise
Aus den Lieferengpässen, die durch Produktionsausfall entstanden sind, werde Japan und auch die Industrie weltweit Lehren ziehen, sagt der Handelsdelegierte: "Zuliefern ohne Lagerhaltung wird zunehmend in Frage gestellt. Es wird in Zukunft öfter dazu kommen, dass Lager gehalten werden. Das schafft höhere Kosten, aber auch Chancen für jene, die sich im Bereich Lagerhaltung Know-how erworben haben." Die Unterbrechung in den Lieferketten sollte in einigen Monaten gelöst sein.
Chancen für Österreich
Die Krise schaffe aber auch neue Geschäftschancen für Österreich, etwa im Bereich der erneuerbaren Energie, der Energieeffizienz, des sicheren Bauens und auch der Lebensmittel. Österreich hat im letzten Jahr Waren im Wert von einer Milliarde Euro nach Japan exportiert. Für heuer erwartet der Handelsdelegierte einen Wert von unter einer Milliarde. Wenn die Nachfrage in Japan im nächsten Jahr anzideht, würden auch die österreichischen Exporte wieder steigen.