Nationalbankchef Nowotny im Ö1 Interview

"Schmerzhafte Zeit für Griechen"

Für den Gouverneur der österreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny, ist das Ja des griechischen Parlaments zum Sparpaket erst der Anfang eines langen Weges. Er zeige aber, dass die Mehrheit der Abgeordneten im griechischen Parlament den Ernst der Lage erkannt hat, sagt Nowotny im Ö1 Interview.

Morgenjournal, 30.06.2011

Rasche Umsetzung der Sparmaßnahmen

Nach der Zustimmung zum Sparpaket im griechischen Parlament müssen die Abgeordneten jetzt auch noch die genauen Durchführungsschritte des Pakets beschließen.

Dann sei es wichtig, dass diese Schritte, wie etwa die Privatisierungsmaßnahmen, auch rasch umgesetzt werden, meint Nowotny.

Nicht nur Frankreichs Banken sollen sich beteiligen

Eine Beteiligung von privaten Gläubigern, wie Banken und Versicherungen, hält der Nationalbankchef für einen interessanten Schritt.

Frankreich hat vorgeschlagen, die Anleihen der Banken auf eine Laufzeit von 30 Jahren zu verlängern. Für Nowotny ist es entscheidend, dass man auch hier eine gemeinsame europäische Lösung findet, da es wenig bringe, wenn sich nur ein Staat beteiligt.

"Hilfe zur Selbsthilfe"

Nowotny bezeichnet die Hilfspakete der EU als eine Art "Hilfe zur Selbsthilfe". Jetzt brauche Griechenland vor allem Zeit, so Nowotny, um seine Probleme zu lösen.

Griechenland müsse eine funktionsfähige Finanzverwaltung, ein leistungsfähiges Steuersystem und ein wettbewerbsfähiges Wirtschaftssystem aufbauen. All das dauert viele Jahre, aber mit konsequenter Arbeit könne Griechenland diese Ziele erreichen, meint Nowotny.

Schmerzhafte Zeit für Griechen

Der Nationalbankchef hat Verständnis dafür, dass die Griechen enorm bedrückt sind und gegen die harten Sparmaßnahmen demonstrieren. Aber wenn ein Land so lange über seine Verhältnisse gelebt hat, dann gebe es keinen leichten Weg zurück, so der Nationalbankchef.

Die Alternative, dass es zu einem Staatsbankrott kommt, wäre für die Menschen aber noch viel schmerzhafter. Nowotny ist dafür, dass die Reformen möglichst sozial gerecht umgesetzt werden sollte, aber um die Reformen an sich komme Griechenland nicht herum, so der Notenbankchef.

Erlass von ein Drittel der Schulden vermeiden

Experten gehen davon aus, dass Griechenland ein Drittel der Schulden erlassen werden müssen.

Das Problem daran sei, dass dieser Schuldenerlass als Insolvenzfall gewertet werden würde, sagt Nowotny. "Das ist genau das, was wir verhindern wollen im Interesse der gesamten europäischen Wirtschaft und des gesamten europäischen Binnenmarktes", betont er Nationalbankchef.

Nowotny glaubt, dass mit der Zustimmung zum Sparpaket im griechischen Parlament die richtigen Schritte gesetzt wurden um einen derartigen Schuldenerlass zu vermeiden.