Verdächtige Einzelpersonen im Internet
Verfassungsschutz will mehr überwachen
Bundespräsident Heinz Fischer ist gegen eine Verschärfung der Anti-Terrorgesetze nach den Anschlägen von Norwegen. Zuletzt hatten sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizministerin Beatrix Karl (beide ÖVP) für die Umsetzung ihres schon länger geplanten Anti-Terrorpaketes stark gemacht. Auch der Verfassungsschutz sieht Lücken.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 27.07.2011
Nicht einmal speichern erlaubt
Der Attentäter von Norwegen hat im Internet zigtausende Gegner, aber es gibt auch rund 6.000 Anders-Breivik-Befürworter auf Facebook, sagt Peter Gridling, Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Doch ob Österreicher, womöglich gewaltbereite Personen, darunter sind, wisse er nicht, sagt Gridling. Der Verfassungsschutz dürfe auch gar nicht ermitteln, offenbar fehlt dafür die rechtliche Grundlage. Anders als die deutsche dürfe die österreichische Polizei extremistische Internet-Eintragungen von gewaltbereiten Einzelpersonen, wie es Anders Breivik war, nicht einmal abspeichern: "Entweder es handelt sich um eine konkrete Bedrohung, oder es ist eine Straftat. Aber weil es keines von beiden ist, weil es zu schwach ist, dann dürfen wir das auch nicht speichern und in unsere sicherheitspolizeilichen Datenbanken aufnehmen."
"Erweiterte Gefahrenerforschung"
Eine Straftat wären etwa ein Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz, religiöse Verhetzung im strafrechtlichen Sinne oder eine konkrete gefährliche Drohung. Wenn kein derartiger Verdacht besteht, können nur extremistische und gewaltbereite Gruppierungen überwacht werden. Die Mehrheit der rechtsradikalen Straftaten werde aber von Einzeltätern begangen, sagt Gridling. Er hält daher eine gesetzliche Ausweitung dieser "erweiterten Gefahrenerforschung" auf Einzelpersonen im Internet für sinnvoll: "Wenn einige besonders nachdrücklich drohen, dann würden wir dieses Faktum in unseren sicherheitspolizeilichen Datenbanken zumindest evident halten, um über einen gewissen Zeitraum festzustellen - verändert sich die Sprache? Lässt sich ein gesteigerter Wille, tatsächlich etwas zu begehen, ableiten?".
"Wenn nichts ist, dann wird gelöscht"
Wenn nicht, könnten die gespeicherten Einträge ohnehin schon nach einem Jahr gelöscht werden, sagt Gridling und versucht Kritiker zu beruhigen, die eine Einschränkung der Meinungsfreiheit und zu umfangreiche Polizeibefugnisse befürchten: "Wenn man drei, vier fünf Auffälligkeiten hat, dann kann sich aus der Menge der Auffälligkeiten möglicherweise eine andere Gefährdungsprognose ergeben und man kann mit einer Ermittlung beginnen. Wenn man nichts hat, dann läuft diese Speicherfrist ab und es wird gelöscht und ist erledigt."
Keine Garantie
Zugleich räumt der Verfassungsschutz-Chef ein: Das Internet lückenlos zu überwachen, sei unmöglich - angesichts tausender Postings, der Verwendung von Spitznamen, Verschlüsselungstechnologien und Anonymisierungsdiensten. Eine Garantie, Taten wie die eines Anders Breivik zu verhindern, könne es also nicht geben.