Sind Anleger oder Spekulanten am Werk?
Experten uneins: Kurs wechseln oder halten?
Was können die EU-Politiker tun, um das ständige Aufflammen der Schuldenkrise in Zukunft zu verhindern? Auch Experten sind uneins, ob die Bekämpfung der Spekulation im Vordergrund stehen soll oder Festigung des bereits eingeschlagenen Kurses in der Euro-Zone.
8. April 2017, 21:58
Nur kein Zickzack-Kurs
Eines gleich vorweg: welche Therapie die Schuldenkrise nachhaltig bekämpfen kann, das ist auch unter Experten umstritten, und das zeigt sich auch heute wieder. Stefan Pichler von der Wirtschaftsuniversität Wien sagt, das beste Rezept für Europas Politiker ist, jetzt Standfestigkeit zu beweisen, und den eingeschlagenen Kurs fortzusetzen. Das schlimmste sei ein Zick-Zack-Kurs, so Pichler.
Feuerwehraktionen sind zu wenig
Stefan Schulmeister vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) sieht hier hingegen ein grundsätzlicheres Problem. Was es aus seiner Sicht bräuchte, ist eine nachhaltige Therapie, und das geht aus seiner Sicht nur, wenn die Spielregeln im System geändert werden. "Feuerwehraktionen", die bisher passiert seien, griffen aus seiner Sicht zu kurz: "Die Frage der Brandprävention und die nach den Brandstiftern hat man nicht gestellt. Das hat mit einer gewissen Marktreligiösität der Europäischen Union zu tun."
Werk von Spekulanten
Nach Ansicht von Stefan Schulmeister müssen die EU-Politiker endlich etwas wirksames gegen spekulative Geschäfte unternehmen, denn diese seien maßgeblich für die Euro-Schuldenkrise verantwortlich. Anders als mit Spekulation könne man nicht erklären, "dass die Zinsunterschiede in der Union elf Jahre lang nahezu nicht existent waren und ganz plötzlich, ab November 2009, geht das kometenhaft in die Höhe." Schon das Procedere, dass ein Land nach dem andern drankomme, zeige, dass hier nicht langfristig interessierte Anleger die dominante Kraft sind, sondern Akteure, die sich auf das ganz schnelle Trading spezialisiert haben.
Ganz normale Anlageentscheidung?
Sind die Spekulanten also schuld an der Euro-Krise? Alles Unsinn, sagt dazu Stefan Pichler von der Wirtschaftsuniversität Wien. Ob die Zinsen von Staatsanleihen steigen oder fallen, habe etwas mit den Entscheidungen von Fondsmanagern zu tun, die das Geld auch von ganz normalen Bankkunden verwalten. Jeder müsse sich fragen, ob er will, dass sein Geld in Anleihen gefährdeter Länder angelegt wird. Fondsmanager hätten den Auftrag von ihren Kunden, diese Anleihen zu verkaufen, daher sei ganz einfach ein Verkaufsdruck da.
Eurobonds gegen die Spekulation?
Stefan Schulmeister vom WIFO bleibt hingegen dabei: Die Spekulation müsse eingedämmt werden. Und das könne am besten passieren, in dem sich Europa für gemeinsame europaweite Staatsanleihen entscheidet - sogenannte Eurobonds. Das würde aus seiner Sicht wirksam verhindern, dass gegen die Staatsanleihen einzelner Euro-Staaten spekuliert wird.